Ich habe es satt, dass Flüchtlinge die Sündenböcke für nationales und internationales politisches Unvermögen der letzten Jahre sein sollen.
Ich habe es satt, Tag für Tag lesen zu müssen, dass Männern, Frauen und Kindern, die sich aufgemacht haben Tod, Verfolgung und Folter zu entkommen unterstellt wird, sich nur bereichern zu wollen.
Ich habe es satt, dass ich Tag für Tag in der Zeitung lesen muss, es sind erneut im Mittelmeer Menschen ertrunken.
Ich habe es satt im Fernsehen Berichte sehen zu müssen darüber, dass an einem griechischen Badestrand erneut ein ertrunkenes Kind angespült wurde.
Ich habe es satt, dass moslemische Menschen in diesem Land als „DIE“ Moslems bezeichnet werden und ihnen allen unterstellt wird erzkonservativ, frauenunterdrückend und integrationsunwillig zu sein.
Ich habe es satt, dass unsere Regierung Maßnahmen plant und propagiert, die den Werten und Regeln des lange erkämpften Europas widersprechen und die ausschließlich dazu dienen die Stimmung im Land weiter aufzuheizen und die eigene Haut für den Augenblick zu retten.
Ich habe es satt, dass eine Weltgemeinschaft, die Millionen wartenden Flüchtlingen in den völlig überfüllten Flüchtlingslagern im arabischen Raum die Hilfe gekürzt hat, diese damit in den Hunger geschickt hat und in die Aussichtlosigkeit, jetzt so tut als wäre sie überrascht von deren Weiterflucht nach Europa.
Ich habe es satt, dass Europa weiterhin Waffen liefert in erzkonservative, kriegstreibende arabische Länder, Milliarden an Geld dafür einfährt, aber über die steigenden Kosten klagt für Menschen, die diesen Kriegen zu entrinnen versuchen.
Ich habe es satt, Tag für Tag einen rückgratlosen Bundeskanzler zu sehen, der seine Meinung ändert wie ein Fähnchen im Wind und vor allem darauf bedacht ist nicht anzuecken.
Ich habe es satt, wie manche PolitikerInnen eine der größten menschlichen Katastrophen der letzten und kommenden Jahrzehnte dazu nützen, sich auf mieseste Art und Weise zu profilieren, dieses Land zu spalten versuchen, statt für dieses Land und die Gesamtsituation Verantwortung zu übernehmen und Mut zu machen.
Ich habe es satt, dass in meinem freien Europa wieder Grenzen im Kopf und in der Landschaft hochgezogen werden, dass Menschen und Länder wieder anfangen sich abzuschotten mit dem Ziel ausschließlich das eigene Leben in Sicherheit zu bringen.
Ich habe es satt zu hören, wie wohlstandssatte Menschen meinen, Sie alleine hätten ein Recht auf ein sicheres Leben, nur weil sie zufällig in Europa geboren wurden.
Ich habe es satt, wenn einer Gesellschaft jahrelang Übergriffe auf Frauen scheissegal waren, jetzt aber plötzlich aufgeschrien wird, weil dunkelhäutige Arschlöcher das Gleiche tun.
Ich habe es satt, zu hören man würde mir eine Vergewaltigung wünschen, weil ich wage zu sagen, dass Sexismus in dieser Gesellschaft auch vor der Flüchtlingswelle schon vorhanden war.
Ich habe es satt, dass 10.000 Flüchtlingskinder wie vom Erdboden verschluckt sind, nun von kriminellen Arschlöchern ausbeutet und prostituiert werden und Europa einfach nur die Schultern zuckt.
Ich habe es satt unterstellt zu bekommen, ich würde keine Probleme sehen und alles beschönigen, nur weil ich nicht einstimme in den Tenor der Angst und Ablehnung, sondern die Fähigkeit besitze Herausforderungen als diese zu erkennen und mit mutigem Blick nach vorne zu schauen.
Ich habe es satt, dass mir permanent eingeredet wird, ich muss mich als Frau jetzt wieder fürchten und in Zukunft wieder in der Küche bleiben.
Ich habe es satt als Gutmensch beschimpft und abgewertet zu werden. Was ist schlecht daran, wenn ich nicht wegsehen kann wie vor meiner Haustüre unsägliches Leid passiert und ich immer wieder darauf hinweise? Was ist schlecht daran Menschlichkeit zu fordern für alle.
Ich habe es satt zu sehen, wie es Tag für Tag immer mehr Menschen gibt, die sich manipulieren lassen und mitschreien bei den Forderungen nach schnellen und egoistischen (unmenschlichen) Lösungen.
Ich habe es satt, dass ungebildete wie auch gebildete Menschen plötzlich den Untergang des freien Europas herbeireden, weil 740 Millionen Menschen (die Gesamtbevölkerung Europas) plötzlich 2-3 Millionen Flüchtlinge aufnehmen müssen.
Ich habe es satt, dass immer mehr Menschen in Europa das Leid an den Grenzen Europas scheissegal ist, Hauptsache sie konnten sich den nächsten Flatscreen-TV kaufen und den nächsten ungestörten All-inclusive -Urlaub buchen.
Ich habe es satt, dass 35% der Österreicher in einer anderen Welt zu leben scheinen, als ich und viele andere ÖsterreicherInnen.
Ich habe es satt, dass dieses Land und Europa sich immer mehr spaltet.
Ich habe es satt, dass so viel Energie, die in Europa eigentlich vorhanden wäre, die Kraft Europas, die Kraft Österreichs, die Kraft vieler Österreicher und Österreicherinnen, statt positiv verwendet zu werden, in die Angst geht und uns allen damit Energie, Ideen, Innovation und Mut für die Zukunft verloren gehen.
Ich habe es so satt. So unendlich satt.
Aber ich gebe nicht auf. NIEMALS!
Textidee und -erstformulierung: Claudia Kanz
Textweiterentwicklung: Sonja Schiff
Karin meint
Danke Sonja, du sprichst mir aus dem Herzen, Karin
Monika Krampl meint
Wie so oft, liebe Sonja, d’accord! Danke!
Doris Raab meint
ganz genau, vor allem die mitleidigen Blicke, die man erntet, wenn sowas wie in Köln passiert, weil man „denen“ ja die Stange hält! Danke für die offenen Worte!
ClaudiaBerlin meint
Hab ich gelich mal getwittert, spricht mir aus der Seele. Gilt auch für Deutschland und deutsche Mitbürger/innen!
Sonja Schiff meint
:-) danke…ja denk ich auch!