Anfang 2026 habe auch ich Pensionsanspruch. Wie werde ich den Sprung in den neuen Lebensabschnitt schaffen? Möchte ich dann nur noch das Leben genießen oder auch noch arbeiten? Fragen über Fragen. Um ein Gefühl zu bekommen, wie es ist, sehr viel Zeit zur Verfügung zu haben, habe ich diesen Sommer einen Selbstversuch unternommen und 2 Monate „Pension geübt“. Hier ein Bericht.
Seit beinah 20 Jahren begleite ich mit Seminaren und Coachings Menschen am Übergang in den Ruhestand. Insgesamt habe ich rund 2000 Menschen unterstützt, ihren Weg in den Lebensabschnitt PENSION gut zu gestalten.
Dabei gebe ich oft den Rat, die Arbeit nicht mit dem Pensionseintritt von 100 auf 0 zu beenden, sondern den Übergang sanfter zu gestalten, die Arbeitszeit schon vorher zu reduzieren und „Pension zu üben“. So könnte man etwa bereits einige Wochen vorher beginnen, Überstunden abzubauen und Montag und Freitag nicht mehr zu arbeiten. Damit hätte man über längeren Zeitraum immer am Stück 4 Tage frei und würde erleben, wie es sich anfühlt plötzlich viel mehr Zeit zur Verfügung zu haben.
Nun, Anfang 2026 ist es auch bei mir so weit! Mein Pensionseintritt nähert sich in Riesenschritten und ganz ehrlich, ich weiß immer noch nicht wirklich, wie ich selbst jetzt meine Zukunft gestalten werde. Ein Teil von mir sagt: „Arbeite weiter! Du hast doch noch so viele Projekte im Kopf, die wollen umgesetzt werden!“ Aber da ist auch ein anderer Teil und der raunt mir zu: „Arbeit ist nicht alles. Du hast vielleicht noch 20 gesunde Jahre vor dir. Genieße dein Leben. Genug gearbeitet!“
Aber wie fühlt es sich an, so ganz ohne Erwerbsarbeit?
Das wollte ich diesen Sommer mal ausprobieren und zwar ganz ohne Ablenkungen wie etwa größere Reisen oder die Aneinanderreihung vieler Abenteuer und Bergtouren oder andere Fluchten. Einfach mal 2 Monate zu Hause sein, Alltag leben, ganz ohne Erwerbsarbeit (so weit das halt geht als Selbstständige, ich kann ja Kundenanfragen nicht 2 Monate liegen lassen. Aber ich war überrascht, wie gut ich es schaffte!)
Hier meine Erfahrungen aus den zwei Monaten und erste Erkenntnisse:
Ich liebte es morgens nach meinem eigenen Rhythmus leben zu können. Früh aufstehen (ohne Wecker!) und mit den Hunden gehen, danach gemütlich einen Kaffee und meinem Journaling nachgehen, dann Frühstück mit meinem Mann, Zeitung lesen und den Tag gaaaanz langsam zu starten.
Generell positiv erlebt habe ich die innere Ruhe, mit der ich meinen Alltag gestalten konnte. Von Gartenarbeit über Haushalt, von Marmelade einkochen bis Gartenschuppen räumen. Nichts musste schnell, schnell zeitlich irgendwo reingequetscht werden, alles konnte passieren, wenn ich so weit war. Wenn nicht heute, dann eben morgen. Damit wurden die Dinge, die ich sonst oft als nervende Arbeit erlebe, in aller Ruhe und mit Genuss gemacht. Ich muss zugeben, das verlangsamt das Leben auf ganz wunderbare Weise.
Großartig fand ich es, mit meinem Lebensmenschen so viel Zeit zu haben. Wir haben viel über die kommenden Jahre gesprochen, wie wir uns das gemeinsame Leben vorstellen und was wir zusammen erleben wollen. Auf alle Fälle wollen wir immer wieder 1-2 Monate an fremden Orten leben. Und: Jeder braucht Raum und Zeit für sich alleine!
Durch die Entschleunigung habe ich außerdem Ruhe und Muße gefunden, Dinge zu tun, die mir wichtig sind, für die ich aber normalerweise kaum Zeit habe. Ich habe diesen Sommer so viel gemalt, wie nie zuvor. Anfang Juni habe ich einen Online-Malkurs gebucht und bin dann eingetaucht in Farben und Formen. Manchmal habe ich den ganzen Tag an einem Bild gemalt und dabei Zeit und Raum vergessen. Es war großartig und ich weiß schon jetzt, dass ich das die nächsten Monate sehr vermissen werde.
Alle Bilder dieses Blogbeitrags sind übrigens von mir und diesen Sommer entstanden.
Jetzt zu den größten Herausforderung der letzten 2 Monate (und sicher auch im Hinblick auf mein Leben in der Pension):
Aushalten, dass im Außen nichts passiert. Kein Rummel um meine Person, keine Aufregung, keine Herausforderungen, keine Termine, keine Geschäftigkeit. Obwohl ich wusste, ab September steige ich wieder ein in den Arbeitsmodus, hatte ich nach etwa einem Monat zu kämpfen mit inneren Fragen und Stimmen: „Darfst du überhaupt so faul sein? Wird das nicht langsam langweilig? Hilfe, jeder Tag ist gleich! Halte ich das auf lange Sicht gesehen aus? Die Zeit ist viel zu kostbar, um sie zu verplempern!“ Eines ist klar: Das gelernte Leistungsdenken lässt sich nicht so ohne weiteres überwinden.
Mein Fazit aus diesem 2 monatigen Selbstversuch:
Ich freue mich auf den neuen Lebensabschnitt. Es wird eine Zeit werden, in der ich mehr Zeit haben werde für mich selbst und für all die Dinge, die ich liebe. Aber auch Neues muss unbedingt Platz haben. Nur nicht zu viel Routine! Die wäre mein Tod.
Ich werde im nächsten Lebensabschnitt sicher den Sommer in unserem Haus in Ungarn leben. Wenn alle Urlaub machen, bleibe ich zu Hause. Darauf freue ich mich schon. Im Frühjahr und Herbst wollen mein Mann und ich mindestens je ein Monat an einem anderen Ort leben. Ich träume von der Nordsee, von Griechenland, vom Baltikum, aber auch von Schottland und England.
Dazwischen werde ich das Leben genießen UND auch arbeiten. Ganz ohne Arbeit kann ich mir mein Leben in der Pension nicht vorstellen. Projekte umsetzen rund um das Thema Älterwerden, Vorträge halten und vielleicht sogar als DJ VintageVenus aktiv werden. 20 Jahre sind a) einfach eine lange Zeit und b) will ich auch noch etwas hinaustragen in die Welt. Das ist mir in den letzten 2 Monaten sehr klar geworden.
Aber was auch klar ist: Ich werde nur noch arbeiten, WAS mir Spaß macht und WIEVIEL mir Spaß macht. Kein Zwang mehr. Kein Stress. Ich will Spaß und Freude erleben. Nicht muss geschehen, aber alles darf geschehen.
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