Die Wogen gehen in Österreich und Deutschland hoch, immer mehr spalten sich diese beiden Länder in „Links“ und „Rechts“, es scheint keine Kompromisse mehr zu geben.
Im Salzburger Landtag erzählte kürzlich Doraja Eberle, ehemalige Landesrätin, eine seit Jahren sozial engagierte Frau, heute Flüchtlingshelferin, dass sie sich morgens davor fürchte ihre Emails abzurufen, weil sie laufend Drohungen erhält. Sie erzählte, das ihre Kinder, beide adoptiert und indischen Ursprungs, rassistisch angegangen werden und Angst haben das Haus zu verlassen.
Kürzlich hat mir eine sehr alte Frau erzählt, dass die Tage heute, sie an die Zeit kurz vor der NS-Zeit erinnert. Derselbe Hass…… sie weinte, während sie sich erinnerte.
Immer öfters erwische ich mich bei der Frage, was wäre wenn….
Was wäre, wenn die Rechten wieder unser Land regieren. Was wäre, wenn die rechten Recken all ihre Ankündigungen wahr machen würden. Was wäre, wenn das „besorgte Volk“ wieder gröhlen würde, wenn Menschen, dieses Mal Menschen mit muslimischen Hintergrund, erniedrigt werden. Was wäre, wenn wieder Denunziation und Verrat Einzug halten würden. Was wäre, wenn wieder Andersdenkende verfolgt und erniedrigt würden.
Was würde ich tun? Würde ich dieses Land verlassen? Würde ich davon laufen? Wohin?
Würde ich, trotz Gefahr von Verfolgung, weiterhin aufstehen und Menschlichkeit fordern? Würde ich mich rechten Arschlöchern in den Weg stellen, wenn ich einen Übergriff sehe auf einem Menschen der Schutz braucht, mit dem Risiko mich selbst in Gefahr zu bringen? Würde ich hinsehen und aufschreien, wenn ich Unrecht sehe? Würde ich jemanden, der verfolgt wird, Unterschlupf gewähren? Wie viel Mut hätte ich? Würde ich meine Angst besiegen können?
Würde ich meinen Mut finden und den Widerstand unterstützen? Oder würde ich mich in meiner Angst anpassen, mein eigenes Leben in Sicherheit bringen, würde ich also eine Mitläuferin sein?
Habt Ihr darüber schon einmal nachgedacht?
Wer würdet Ihr sein? WiderstandskämpferIn oder MitläuferIn?
Pyrgus meint
Liebe Sonja,
darüber habe ich schon oft nachgedacht. Während der Erzählungen meiner Eltern, beim Schauen von Filmen über die Nazizeit, generell, wenn das Thema aufkommt. Und ich habe befunden, dass eine Menge Mut dazu gehört, sich einem solchen System entgegenzustellen. Mut, den im entscheidenden Moment nicht Jeder aufbringt. Ich hoffe, dass ich, sollte es mal soweit kommen, meinen Vorsatz wahr machen kann und meine Meinung standfest vertreten werde. Wie es sich anfühlt, wenn ich direkt konfrontiert werde, vielleicht noch mit bedrohlichen Konsequenzen bei „falscher“ Antwort? Ich hoffe, ich werde es nie erfahren…
Lieben Gruß
Gabi
Sonja Schiff meint
Das hoffen wir wohl alle. Danke für Deinen Beitrag.
Werner Matheis meint
Liebe Sonja!
Vor kurzer Zeit bin ich zufällig bei „Vice“ auf Deinen Beitrag „Ich habe es so satt!“ gestoßen. Seit dem schaue ich ab und zu bei Dir vorbei.
Dein Beitrag hat mir so richtig aus der Seele gesprochen! Du hast den Nagel einfach perfekt auf den Kopf getroffen. Dein „Ich habe es so satt“ hat es verdient weiter verbreitet zu werden.
Ja, ich habe sie auch so satt diese Menschenverachtung, diese Hetze, diese Lügen, diesen Hass!
Damit spanne ich jetzt den Bogen zu Deinem aktuellen Beitrag.
Vorweg noch eines, zum besseren Verständnis: Aktuell werde ich heuer 63 Jahre.
In meinen jungen Jahren, so um die 20 herum, hatte ich das Glück oder wollte es der Zufall so, lernte ich Menschen kennen, wie z.B. Josef „Pepi“ Meisel, Franz Marek, Anton Spira, Josef Hindels, Egon Kodicek, Walter Stern und noch etliche andere. Auch Frauen. Sie alle hatten eines gemeinsam: Sie alle waren WIDERSTANDSKÄMPFER. Sie kämpften gegen den Austrofaschismus und anschließend gegen die Nationalsozialisten. Sie setzten ihr Leben aufs Spiel. Oft genug entkamen sie dem Tod nur knapp.
Sie kämpften aber auch für ein unabhängiges, demokratisches Österreich.
Die Republik hat es ihnen nie gedankt.
Man hat sie ganz bewusst dem Vergessen preisgegeben.
Ja, diese Menschen haben mein Leben und meine Sicht auf viele Dinge bis heute geprägt. Ich bin froh, dankbar und stolz darauf, dass ich sie kennengelernt habe.
Ich bemühe mich, so gut es geht, kein Mitläufer zu sein. Und bei Gott, ich habe so manchen Kampf ausgefochten, mir die Zunge verbrannt, den Kopf angestoßen, aber auch so manchen Sieg errungen.
Man sieht also, Widerstand zu leisten, ist nicht so einfach. Es kostet Zeit, Kraft und viel Mut.
Die Mitläufer haben es da einfacher. An Ende der Geschichte waschen sie ihre Hände in Unschuld oder waren einfach nicht dabei.
Ich möchte kein Mitläufer sein!
Da halte ich es lieber mit dem Spruch:
„Lieber aufrecht sterben als auf Knien leben!“
Viele Grüße
Werner
Sonja Schiff meint
Hallo Werner, herzlichen Dank für Deinen Beitrag. Um Deine Kontakte zu den Widerstandskämpfern beneide ich Dich! Da hast Du sicher sehr viel erfahren. Großartig. Ja, besser aufrecht sterben als auf Knien leben…das denke ich mir auch. Aber wie ich mich dann, wenn das Szenario wahr werden würde, wirklich tun würde…… ob ich dem Tod ins Auge sehen könnte…. keine Ahnung. Ich hoffe, dass ich stark genug wäre…. ! Freu mich, wenn Du öfters vorbei schaust bei mir :-) Liebe Grüße!