In 2 Jahren ist es so weit. Am 1.11.2025 darf ich offiziell in Pension gehen. Doch wie wird mein Leben jenseits der Pensionsgrenze aussehen? Noch habe ich keinen blassen Schimmer!
Obwohl ich mich beruflich seit bald 20 Jahren mit dem Übergang in die Pension beschäftige, hunderte Menschen am Weg in ihre Pension begleitet habe ( mit Pensionsvorbereitungsseminaren – online und auch live), habe ich selbst noch keinerlei Plan für die Lebensphase „Ruhestand“. Derzeit schwanke ich zwischen den beiden Polen „Ich arbeite weiter, dann nur endlich ohne Druck“ und „Ich lass die Arbeit komplett, genieße die Zeit mit meinem Mann und lass das Leben auf mich zukommen“.
Weil ich davon überzeugt bin, dass viele Menschen jenseits der 55 vor diesen beiden Polen stehen, dachte ich, ich erzähle euch Mal davon…..vielleicht helfen meine Gedanken ja irgendjemanden da draußen weiter.
Vor Corona hätte ich den Gedanken, ich könnte eines Tages klassisch in Pension gehen und meine Erwerbsarbeit beenden, noch weit und strikt von mir gewiesen. Ich soll in Pension gehen? Niemals! Immerhin habe ich 20 Jahre lang am Aufbau meiner Selbständigkeit gearbeitet, bin in meinem Fachbereich bekannt, angesehen und gefragt, habe sehr viel erreicht, bin außerdem am absoluten Höhepunkt meiner Kompetenz. Da hört man doch nicht auf zu arbeiten! Ich liebe meine Arbeit! Ich definiere mich zu einem hohen Teil über meine Arbeit. Außerdem, Arbeit ist aktivierend, geistig wie körperlich, sie entwickelt mich weiter, zwingt mich, dranzubleiben, an Themen, an der Technik. Ich will doch nicht irgendwann als Rentnerin irgendwo im Abseits stehen und anderen beim Leben zuschauen.
Action is satisfaction!
Doch dann kam Corona. Ich wurde durch die Pandemie und ihre Lockdowns rausgeschleudert aus meinem beruflichen Höhenflug. Plötzlich hatte ich so viel Zeit für mich, für das Leben abseits von Arbeit, wie nie zuvor in meinem Leben. Ich habe dadurch gelernt, ich BIN mehr, viel mehr, als meine Arbeit und auch, da GIBT ES mehr, viel mehr, als diese Arbeit.
Ich habe etwa verstanden, wie eng ich all die Jahre meine Identität und meinen Selbstwert an meinen Erfolg und meine Leistung geknüpft hatte. Dabei bin ich wertvoll auch ganz ohne Leistung. Ich habe erkannt, dass ich eine Getriebene bin. Nichtstun erlebe ich rasch als Langeweile, ich muss immer handeln, entwickeln, tun. Vermeintliche Langeweile löst in mir grundsätzlich Stress aus. Rastlosigkeit. Unruhe. Doch seit einiger Zeit frage ich mich, ob ich mit meinem vielen Tun, nicht auch einfach nur davonlaufe. Vor mir. Vor Fragen an mich. Vor anderen Seiten von mir. Vor dem Unbekannten in mir. Vor Tiefe. Vor existentiellen Fragen.
Tja, und deshalb schwanke ich zwischen diesen beiden, oben genannten Polen und ist es im Moment nicht mehr so klar, wie meine nächste Lebensphase aussehen wird.
Will ich wirklich weiterhin die sein, die ich die letzten 20/ 30 Jahre war? Oder will ich Ende 2025 das alte Leben loslassen und mich doch neu erfinden? Was würde mit mir passieren, würde ich jederlei Arbeit, wie ich sie bis jetzt kannte, bleiben lasse? Allein der Gedanke löst Angst in mir aus! Angst, mein Leben könnte gleichförmig, langweilig und ziellos werden, jeder Tag gefangen in Routine, mein Leben ohne Inhalt. Gleichzeitig ist da eine Stimme in mir, die flüstert: Du würdest aber bei dir selbst landen. Du würdest dich besser kennenlernen. Du würdest neue Seiten an dir entdecken und vielleicht würdest du sein, wie Phönix aus der Asche! Befreie dich von Altem und mach dich auf zu neuen, völlig unbekannten Ufern!
Puhhhh!
Und dann ist da natürlich auch der Gedanke, dass die gemeinsame Zeit mit meinem Mann begrenzt ist. Wie plötzlich das Schicksal zuschlagen kann, habe ich 2017 mit meiner Turmorerkrankung selbst gesehen und auch in meinem Umfeld bin ich damit laufend konfrontiert. FreundInnen, die verwitwen und erkennen: Hätten wir die gemeinsame Zeit doch besser genützt!
Fragen über Fragen……
Noch habe ich Zeit meinen Weg zu finden und darf ich die Entscheidung wachsen lassen. Die nächsten Tage starte ich ein großes 2 jähriges Projekt. Mein Beruf wird mich also noch einmal zu 100% fordern.
Aber: Aus Erfahrung weiß ich, der Tag des Pensionsantritts kommt schneller als ich jetzt denke.
Und Du? Welche Gedanken und Pläne für die Lebensphase Pension hast Du?
Blogfotos: Sonja Schiff. Einserkanal an der Grenze zwischen Ungarn und Österreich, an der Brücke zu Andau. Einer meiner Lieblingsspaziergänge, wenn ich vor mich hindenke…..
Hauser Gabi meint
Liebe Sonja, danke für deinen Tiefgang, bin 54 und durfte (musste) ab meinem 4 Lj, tun, arbeiten, leisten und es geht weiter, jetzt bin ich 54 und möchte weiter, weiter, weiter ….und mein inneres – mein Körper sendet Signale, setzt Impulse – Warum sich nicht im Nichtstun üben und vertrauen darauf und es nicht wissen, nicht planen müssen???