Wie viele von Euch, bin auch ich heute am Morgen aufgewacht und habe innerlich aufgeschrien, als ich lesen musste, Donald Trump wurde zum Präsidenten der USA gewählt. Aufgejault habe ich, fassungslos den Kopf geschüttelt, via Twitter meinen Zorn rausgelassen und mich über die Amerikaner lustig gemacht. Was für ein dummes Volk! Wählen einen Hetzer, einen Sexisten, einen Rassisten, einen Idioten zum Präsidenten. Einem verrückten Mann traut Amerika mehr zu, als einer Frau! Das tut schon weh. Sehr sogar.
Es scheint als würde uns die Welt entgleiten. Uns, der Generation Frieden, der Generation Love & Peace. Wir dachten die Welt würde sich immer weiter und weiter liberalisieren, sie würde immer freier werden, immer offener. Doch jetzt zieht plötzlich die Enge wieder ein, die Zäune in den Köpfen und der Landschaft. Intellektuell und moralische Kleingeister und Biedermänner erobern überall die Macht und wir stehen irgendwie fassungslos vor dem Scherbenhaufen.
Immer verzweifelter wird unser Ruf doch bitte, bitte, bitte nicht die Geschichte zu wiederholen. Kürzlich zog auch im Spiegel ein Wirtschaftshistoriker Parallelen zu den 20er-Jahren. In dem Artikel Stürzt die Welt zurück in die Dreißiger? meinte er, es wäre alles schon dagewesen: Globalisierung, Freiheit, offene Grenzen, doch dann kam der Zusammenbruch und der Nationalismus hielt weltweit Einzug. Mit bekannten Folgen.
Wiederholen wir tatsächlich die Geschichte oder entwickeln wir uns doch weiter?
Droht ein neues dunkles Jahrzehnt? Haben wir wirklich nichts gelernt aus unserer Vergangenheit?
Seit einigen Tagen gehe ich mit einem Gedanken spazieren, der mir Hoffnung gibt. Ich erinnere mich an eine Aussage von Martha E. Rogers (Amerikanische Pflegewissenschaftlerin), über die ich vor vielen Jahren beim Studium gestolpert bin. Schon damals hat mich dieser Gedanke beeindruckt, war er einleuchtend und stimmig und in Folge hat er mir in Krisenzeiten immer wieder Halt gegeben und damit weiter geholfen.
Rogers meinte, der Mensch würde sich spiralartig weiter entwickeln. Er würde sozusagen stetig Schleife um Schleife drehen. Manchmal würde es aussehen als würde der gleiche Fehler erneut passieren, als würde dasselbe Problem wiederkehren. Aber es wäre keine Wiederholung, es wäre nur ähnlich, aber nicht gleich. Rogers war davon überzeugt, der Mensch würde nie zum gleichen Problem zurückkehren, er wäre jeden Tag anders, er würde sich spiralförmig weiterentwickeln.
Privat hat mir dieser Gedanke oft weitergeholfen. Wer von uns ist nicht auch schon vor Situationen gestanden und hat sich gedacht: Hey, verflixt, das hatte ich doch schon! Ich hatte, als Beispiel, viele Jahre einen Hang zum immer gleichen Männertyp, damit immer die gleichen Probleme und Krisen. Aber wenn ich in der Krise genau hinsah, dann haben sich die Männer nur geähnelt, nie geglichen und auch bei den Problemen mit Ihnen verhielt es sich so. Ähnlich, aber nie gleich. Es waren nie Wiederholungen, es war immer so, dass ich schon ein Stück gelernt hatte, ein Stück weiter war. Also dachte ich dann immer an Martha E. Rogers und ihre Aussage zur Spiralität der Persönlichkeitsentwicklung und Problembewältigung.
Ja und heute, als Trump in den USA siegte, dachte ich auch an Martha E. Rogers. Was wenn wir auch als Gesellschaft spiralförmig wachsen und uns entwickeln? Wenn wir auch als Gesellschaft gerade eine Schleife ziehen, die der vorigen ähnelt, aber ihr nicht gleicht.
Ich weiß nicht, wie es Euch bei dem Gedanken geht. Aber mir gibt er gerade Hoffnung.
Anna meint
Jetzt erstmal tief durchatmen. Und abwarten, was wirklich passiert. Die Welt sollte schon so oft untergehen und bisher ist es noch nie passiert.
ortrud Stoff meint
Es bleibt uns eh nichts anderes übrig, als abzuwarten, weil wir sowieso nichs ändern können. Traurig, dass immer noch zu wenig Vertrauen einer Frau entgegen gebracht wird, obwohl sie politische Erfahrung hat.
Christa meint
Den Überlegungen von Rogers kann ich viel abgewinnen. Nichts desto Trotz ist es beunruhigend, dass Trump Präsident geworden ist. Egal was von seinen Vorhaben er dann tatsächlich umsetzt. Er ist ein Menschenkenntnis und das erschreckt mich.
Hoffentlich gibt das den Menschen ist Österreich so viel zu denken, dass sie nicht auch einen Populisten zum Präsidenten wählen.
Bettina meint
Ich kann dir nur zustimmen. In Deutschland wird nächstes Jahr auch gewählt. Ich befürchte allerdings eher, dass die Wahl Trumps den rechten Populisten bzw deren Wählern noch mehr Auftrieb geben wird. Und soweit es mich betrifft, ich sehe zu viele echte Parallelen zu Hitlers Weg zur Macht, um nicht beunruhigt zu sein.
Wenn es aber wieder passiert, gehöre ich leider auch zu denen, die es haben kommen sehen, und sich nicht – oder nicht genug – dagegen engagiert haben