Kürzlich saß ich morgens als Trainerin im neu gestartenden Lehrgang für Wechseljahreberaterinnen. Mir gegenüber Frauen zwischen 37 und 57 Jahren. Am Vortag hatte jede Frau eine persönliche Standortbestimmung vorgenommen, es ging um das Ankommen in der Lebensmitte und auch ums Älterwerden. Ich fragte an dem Morgen nach, ob die Standortbestimmung Träume ausgelöst hatte oder Erlebnisse geschehen waren, die damit in Verbindung zu setzen sind. Da erzählte eine Teilnehmerin, dass sie nach Hause gekommen war und ihre Tochter tanzend vorfand. Sie tanzte zu einer Musik aus der Zeit der Mutter. Das rührte die Mutter.
Spannender als dieses Tanzen der Tochter zur Musik der Mutter, fand ich den Versprecher der Mutter als sie uns erzählte. Meine Teilnehmerin meinte nämlich: „Meine Tochter hat sich die alte Musik aus meiner Zeit aufgelegt….ähm…also….nicht aufgelegt…sie hat sie aus dem Computer geholt.“
Alle Frauen in der Runde haben herzlich gelacht. Ich selbstverständlich auch! Aber dann ist mir dieser Versprecher nicht mehr aus dem Kopf gegangen und ich habe mich gefragt, wie das eigentlich ist mit der Sprache und dem Älterwerden. Ab wann hört man eigentlich an der Sprache, dass das Gegenüber nicht mehr die/ der Jüngste ist? Ab wann ist der Generationensprung sprachlich hörbar?
Das Kind einer Freundin meinte etwa kürzlich, nach einem euphorischen Zuruf, mit strengem Blick zu mir: „Cool sagt man nicht mehr, Sonja. Das Wort „cool“ ist sowas von retro.“ Da habe ich kurz geschluckt. Ich und Retro?? Das muss Frau erst einmal verdauen.
Ich meine, ich bemühe mich ja redlich den Anschluss an die moderne Zeit nicht zu verpassen. Ich will bitte keine 60 Jährige werden, die wie eine Uroma in der Gegenwart steht und keine Ahnung mehr hat von der Welt. Ja, mir ist es wichtig an Entwicklungen dran zu bleiben. Wenigstens so halbwegs. Bei den vielen Apps hab ich zugegeben eh schon lange den Überblick verloren. Snapchat habe ich nie begriffen! Wollte ich wohl irgendwie auch nicht. Aber dass man mein Alter jetzt auch sprachlich bereits hört, das macht mir schon irgendwie Sorge.
Wie ist das bei Euch? Seid Ihr auch schon in Dingen retro?
Gabi meint
Ha ha liebe Sonja. Da habe ich auch gerade mal einen Beitrag geschrieben über das 60 Jahre alt sein. Manchmal kommt man sich ja vor wie ein „na schau mal die ist 60 und lustig und ..“ na bravo! lg. Gabi
Ich will auch in keine Schublade gesteckt werde!
Platz-Nehmerin meint
Super, retro :-) Ich bin beim Lesen voll retro, ich blättere nämlich noch die Seiten um. Habe es mal mit einem eReader probiert, ist aber nur für Reisen mein Ding. In meinem letzten Blog-Beitrag ging es um „Das gehört sich einfach nicht!! – auch voll retro. Und bei all den bullet-journal, sketch notes, digital immigrants versus digital natives etc. etc. steig ich auch schon aus. :-) Gerade jetzt, wo ich beim Bloggen bin und in vielen Gruppen unterwegs bin, merke ich erst WIE retro ich schon bin. In der eigenen Lebensbubble fällt mir das gar nicht so auf. Dabei bin auch jemand, der sich immer wieder für Neues interessiert und für meine Generation noch ziemlich neugierig bin. Aber irgendwann ist es wohl so weit. :-) Aber dann chill ich my base und denke mir, dass ich auch nicht alles wissen muss :-) Liebe Grüße und danke für das coole Thema
Platz-Nehmerin meint
PS: Wo ich schon wirklich gerne retro bin, ist in der Mode. Ich brauche nicht mehr jeden Trend mitmachen, darf mir schon bequemere Schuhe kaufen, die Kleidungsfarben auch wie sie mir stehen und nicht wie sie gerade in sind. Falls beides zusammen trifft, freue ich mich, aber es ist nicht mehr soooooooooooo wichtig.
Und wo ich noch retro bin, ich grüße noch :-D
Michaela meint
Mir ist jetzt nich eingefallen, dass ich beim Auto fahren voll retro bin. Ich benütze kein Navi und finde trotzdem dahin, wo ich hin möchte. Danke Sonja für die gedanklichen Inspirationen.
Sonja meint
:-)
Gabi meint
Wunderbar. Wie beruhigend, dass es noch so Frauen gibt. Lg. Gabi
Karin Immler meint
Oh ja, liebe Sonja, ich bin richtig, richtig retro.
„Du benutzt so besondere Wörter!“ So in dem Sinne, höre ich das durchaus öfter. Ich mag Wörter wie famos oder Feinkost oder Lavoir. Ich stehe auf Rechtschreibung, Kommasetzung und Groß- und Kleinschreibung. Das „Sie“, bei Menschen, die ich (noch) nicht kenne, ist mir wichtig. Ich kann mich weder an schwarze BHs unter weißen T-Shirts gewöhnen, noch daran, dass die Unterwäsche „offiziell“ unter dem Kleid hervorschaut. Ich finde, dass Telefonate Privatsache sind und sch… und A…. gehören nicht zu meinem Standardvokabular, sondern sind extremen Situationen vorbehalten.
Ich bin retro – und ich fühle mich wohl damit.
Viele liebe Grüße
Karin
Sonja meint
Schwarze BH´s unterm weissen Shirt ist voll daneben!!!!!