Ja genau, heute rede ich über Sex! Alle haben ihn (also angeblich), aber darüber reden tun nur wenige. Worte finden über die angeblich schönste Sache der Welt, fällt vielen Menschen, auch in der heute ach so aufgeklärten Zeit, schwer. Und auch ich merke in mir Widerstände: „Kannst Du doch nicht machen! Viel zu persönlich! Was geht das fremde Menschen an?“ raunt mir etwa jetzt beim Schreiben eine tadelnde, innere Stimme zu und ich ertappe mich dabei, wie ich um Worte ringe, sie so viel mehr auf die Waagschale werfe, als ich es sonst beim Bloggen mache.
Na dann mal los…..Lets Talk About Sex!
Emotionales Chaos und fader Sex
Wie aufmerksame LeserInnen meines Blogs mitbekommen haben, gings bei mir rund in den letzten 6 Monaten. Ich war verliebt in einen jüngeren Mann. Heftig verliebt. Und das als verheiratete Frau. Monatelang stand ich unter Strom, war mein Leben eine Achterbahn der Gefühle und meine fast 20 Jahre andauernde Beziehung lag im Chaos. Vor kurzem haben sich die Wogen geglättet und ich bin wieder bei mir selbst und bei meinem Mann gelandet. Wer jetzt glaubt, damit wäre alles gerettet und es würde so weiterlaufen wie vor meiner Verliebtheit, der irrt. Die eigentliche Arbeit hat jetzt erst begonnen. Die Auseinandersetzung mit unserer Partnerschaft. Und ja genau: Es geht dabei auch um unseren und meinen Sex.
Der war in den letzten Jahren vorhanden. Aber er war, nun ja, irgendwie Routine. Jeder Handgriff saß. Jede Berührung war bekannt. Kurzum: Vertraut, aber langweilig. Sex, der sich „auf den kleinsten gemeinsamen Nenner reduzierte“, wie ich gerade in dem Buch Reifestufen der sexuellen Liebe (von Notburga Fischer) über Sex in langjährigen Beziehungen lesen konnte. Sex, dem die Spannung verloren gegangen war.
„Du musst genügsamer sein“ empfahl mir ein lieber Freund, der selbst alle paar Monate, sobald das große Flirren vorbei ist, seine Partnerinnen wechselt, und erklärte weiter „in langjährigen Beziehungen ist der Sex halt langweilig“. Punkt.
„Irgendwie bist du schon ein Sexmonster!“ warf mir auch die Freundin vor, der ich gestand, dass ich wieder heißen Sex haben möchte, komme was da wolle. Sexmonster? Nur weil ich durch meine plötzliche Verliebtheit realisiert habe, dass mir etwas Großes im Leben fehlt. Erotik, die unter die Haut geht und von dort direkt ins Herz und meine Seele!
Ist Monogamie eine Illusion?
Also habe ich recherchiert und über Sex gelesen, mit Menschen geredet, auch auf etwas unkonventionellen Wegen:
Ich habe mich etwa auf einer Sex-Dating-Plattform eingeloggt. Ja, Du liest richtig! Gibt ja auch niemand zu, ebenfalls ein großes Tabu. Das tut man doch nicht als verheiratete Frau! Tztztztztztzt…..
„Iiiiigitt, so grauslig“ befand denn auch jener Freund, der mir vorher empfahl genügsamer zu sein, und sah mich dabei an als wäre ich eine Aussätzige. Dabei wollte ich irgendwie nur meinen sexuellen „Marktwert“ kennen, wollte nur wissen, ob ich noch könnte, wenn ich wollte. Ergebnis: Ich könnte. Jeden Tag wohl zig Mal!
Die für mich wichtigste Erkenntnis aus der Sex-Dating-Plattform war aber eine andere: Soooooo viele Männer und Frauen, die in Beziehungen sind, gehen fremd. Monogamie ist sichtlich oft nur Schein. Innerhalb von nur einer Woche haben mich 800 Männer aus dem Raum Salzburg und Bayern angeschrieben, die mich kennenlernen wollten. Davon waren 90% verheiratet, sie beschrieben sich als „sexuell unterfordert“ und „sexuell gelangweilt“ oder meinten „meine Frau lehnt meine Neigung ab“ beziehungsweise meinten sogar, sie wären „sexuell in einem jämmerlichen Zustand“. Sie waren Lehrer, Universitätsprofessor, Unternehmer, Tischler, IT-Techniker, Geschäftsführer, Richter, kurzum aus allen Gesellschaftsschichten. Als ich mich spaßeshalber auch als Mann einloggte, machte ich ähnliche Erfahrungen. Auch viele Frauen suchen Sex außerhalb ihrer Ehe und ihre Begründungen sind gleichlautend.
Kämpfen und weiterentwickeln statt fremdgehen!
Ich bin nicht alleine, war mir da mit einem Schlag klar. Es sind viele, die mit ihrer Sexualität unzufrieden sind, die etwas vermissen, die Sehnsucht haben nach mehr Aufregung, Abwechslung, nach mehr Intensität, die sich lebendigeren und erfüllenderen Sex in ihrer Beziehung wünschen! Seit ich in meinem Umfeld darüber spreche, wispern mir viele Freunde und Freundinnen zu, wie enttäuschend auch ihre Sexualität sei und wie traurig sie über den Verlust ihrer gemeinsamen Erotik sind, aber auch wie hilflos.
Nein, ich bin kein Sexmonster! Nein, Genügsamkeit ist keine Lösung! Aber ob heimlich zu Pornos masturbieren, ob heimlich fremd zu gehen und zu Hause Orgasmus und Erregung vorzutäuschen, wie mir viele berichteten, eine Lösung ist?
Nein, habe ich entschieden. Dafür bin ich zu jung und ist mir mein Mann zu wichtig! Ich möchte für guten Sex, und damit auch für meine Beziehung, kämpfen. Und ja, das tut dem Gegenüber, aber auch einem selbst, erstmal weh. Das verunsichert. Auch weil irgendwie die Worte fehlen, man dem Partner nicht weh tun will, es so viel Hilflosigkeit gibt beim Ansprechen und auch so viel Widerstand. Immerhin schien Jahre lang alles in Ordnung!
Ich habe auf alle Fälle kürzlich den Mann vor den Kopf gestoßen und dabei alles kurz und klein und in Scherben geschlagen. ALLES! Volles Risiko!
ABER: Aus Scherben kann Neues entstehen! Daran arbeiten wir jetzt. Mit ganz viel Liebe. Und ich bin sehr zuversichtlich, dass ich bald wieder wunderbaren und intimen Sex haben werde, mit dem besten Ehemann der Welt.
We are in progress….. :-)
Und Du? Hast Du erfüllenden Sex mit deinem Partner/ deiner Partnerin? Oder gehst Du fremd. täuschst vor, bist genügsam?
Ich freue mich über ehrliche Berichte und Stellungnahmen meiner LeserInnen!
Abschließende Anmerkung:
Warum bloggt jemand öffentlich über so etwas Persönliches? Narzissmus? Drang zur Selbstdarstellung? Nun, ich finde es gibt viel zu viele Tabus auf dieser Welt. Wie viele Erfahrungen wir Menschen mit uns selbst ausmachen müssen, weil es sich nicht gehört darüber zu reden! Dabei wäre es total wichtig diese Erfahrungen zu teilen, damit andere, die vielleicht gerade in einer ähnlichen Situation sind, bereichert werden. Mit der Eröffnung dieses Blogs im Jahr 1996 habe ich beschlossen diese Tabus zu brechen und auch jene Lebenserfahrungen hier öffentlich zu schildern, über die man normalerweise nicht spricht. Mögen Sie jenen, die gerade mit sich ringen, ein wenig beim sich-selbst-wieder-finden helfen.
Stine meint
Die Liebe ist wie das Leben. Es soll immer aufregend sein. Wir haben unsere gemeinsame Erfüllung gefunden. Swingern. Ich kann meine bi Sexualität ausleben und mein Herzpartner die Vorliebe zu Voyuerismus. Und wir sind trotzdem noch total verliebt. Reden und sexueller Träume teilen hilft ungemein.
LG Stine
Sonja meint
schön, dass ihr einen weg für euch gefunden habt. für mich wäre swingern allerdings nichts…. lieben gruß!
Claudia Braunstein meint
Liebe Sonja, ich schätze deine ehrliche Offenheit, auch bei einem so intimen Thema. Ich lebe seit 40 Jahren in einer fixen Beziehung mit allen Höhen und Tiefen, die so viele Jahre mit sich bringen. Das Thema Sex in meiner langen Ehe ist für mich öffentlich tabu. Egal ob befriedigend oder nicht, vorhanden oder nicht, gut, schlecht oder was auch immer, ich möchte das nicht mit meinen LeserInnen teilen, denn es gehört genau meinem Mann und mir. Es gibt auch noch einen Faktor, den viele nicht bedenken. Das sind die eigenen Kinder, denn die wollen zu einem großen Teil nichts über das Sexleben ihrer Eltern wissen und schon gar nicht öffentlich lesen. Ja, es ist wichtig über Sex zu sprechen, um andere auf Probleme hinzuweisen oder zu unterstützen, das geht auch neutral. Es sei denn, alle Betroffenen sind klar für Offenheit. Es betrifft ja nicht immer nur die eigentlichen Partner, sondern oft genug auch noch LiebhaberInnen, ZweitpartnerInnen usw. Liebe Grüße, ich freu mich, wenn wir wieder einmal ausgiebig frühstücken gehen. Claudia
Sonja meint
liebe claudia, volles verständnis :-) ich hab aber keine kinder. neutrale beiträge schreibe ich grundsätzlich nicht. und selbstverständlich ist dieser beitrag mit meinem partner abgestimmt. danke für deinen kommentar!
Martin Krause meint
Was ist eine glückliche, erfüllende Beziehung, wie schaffe ich sie und wie erhalte ich sie mir? Körper, Geist und Seele bilden eine Einheit. Ist nur ein Bereich gestört, ist alles nichts. Das verpflichtet uns, an uns zusammen mit unserem Partner zu arbeiten. Bei dem Thema Sexualität geht es auch um Geschmacksfragen, Dominanz, Leidenschaft, Geilheit, Zärtlichkeit, Hemmungslosigkeit, Geborgenheit und Erfüllung. Es geht für mich nicht um höher, weiter, länger oder intensiver. Es geht um Wahrnehmung. Es geht um Rücksicht, Einsicht und Vorsicht. Es geht darum, sich nicht nur selbst wahrzunehmen, sondern auch seinen Partner. Wie immer in Beziehungen ist das offene Gespräch über das, was ich mir wünsche und was ich keinesfalls wünsche wichtig. Diese schafft einen Rahmen, der es möglich macht sich tabulos auszuprobieren. Der Versuch ist Chance und Fluch zugleich. Persönlichkeiten, und damit Bedürfnisse, verändern sich. Manchmal kann man bis ins hohe Alter in einer Beziehung glücklich werden. Manchmal braucht man aber auch mehrere Beziehungen um für sich Geborgenheit, Glück, Leidendchaft und Erfüllung zu erLeben. Beziehungen bestehen IMMER aus zwei oder mehr Beziehungen mit ihren individuellen Bedürfnissen!
Sonja meint
danke martin für deinen beitrag!