Gestern habe ich einen zornigen Artikel mit dem Titel Wahlkampfende bitte kommen geschrieben. Der Artikel hat einigen Zuspruch bekommen in den sozialen Medien, mehrere Anmerkungen mit dem Tenor „Mir geht’s genauso.“
Aber da gab es auch einen anderen Kommentar, einen der meine Wut etwas ausbremste und mich meinen Blogbeitrag reflektieren ließ. Außerdem rief der Kommentar Erinnerungen wach. Erinnerungen, die ich wohl verdrängt hatte. Der Kommentar stammt von der Vizebürgermeisterin Salzburgs, einer sehr engagierten und bodenständigen Politikerin, die ich sehr schätze. Auch sie ist im Wahlkampf eingesetzt ist, auch sie rennt und rennt für ihre Partei, versucht zu überzeugen, kämpft um jede Stimme. Wie übrigens viele rennen, von vielen Parteien. Hier ihr Kommentar:
In meiner Wut hatte ich tatsächlich jene Menschen übersehen, denen man eigentlich gar nicht genug danken kann für ihr Engagement. Den wahlkämpfenden Frauen und Männern dieses Landes. Sie stehen bei jedem Wetter, zu jeder Zeit und ehrenamtlich auf den Straßen und Plätzen oder ziehen durch Wohnsiedlungen, Lokale, Gemeinden und Städte, klären auf, versuchen uns Wählerinnen zu überzeugen, als Stimme zu gewinnen.
Anja Hagenauer hat hier sicher Recht. Ich habe ganz klar die Seite der WahlkämpferInnen übersehen. Die hunderten wahlkämpfenden Frauen und Männern, egal von welcher Partei, finden die Lügen, die Manipulationen, den Dreck, die Wadlbeisserei dieses Wahlkampfs mit Sicherheit auch nicht lustig. Im Gegenteil, sie bekommen wohl viel Fett ab auf der Straße, sie müssen sicherlich Einiges ausbaden und glattbügeln, was „die vorne“ an Mist veranstaltet haben. Sich da die Motivation zu erhalten, kostet mit Sicherheit Kraft. Davon kann ich eigentlich auch ein Liedchen singen.
Vor vielen Jahren (für mich ein gefühltes halbes Leben her) war auch ich ein paar Jahre politisch tätig. Insgesamt drei Wahlkämpfe bin ich auch gelaufen für meine damalige Partei. Das war oft lustig, der Zusammenhalt untereinander war großartig und es gab wirklich viele tolle Begegnungen. Aber ich habe auch üble Abwertung einstecken müssen damals im Wahlkampf, viele Beschimpfungen. Ein Erlebnis werde ich wohl nie vergessen: 6 Uhr 30. Ich stand beim Salzburger Bahnhof, Morgenaktion, wir verteilten Sackerl mit Frühstück und ich mampfte grad nebenbei ein Croissant. Da kam ein junger Mann auf mich zu, er lächelte schief, dann zog er seinen Morgenschleim die Nase hoch und spuckte mir direkt ins Gesicht. Den Ekel habe ich tagelang nicht mehr losbekommen.
Deshalb hier und jetzt: Ich habe eine Wut auf jene, die diesen schmutzigen und widerlichen Wahlkampf verantworten. Aber ich zolle allen WahlkämpferInnen, welcher Partei auch immer zugehörig, hohen Respekt. Für den langen Atem, für die Loyalität, für das ehrenamtliche Engagement, für die dicke Haut, die sie brauchen, um den Wahlkampf durchzuhalten. DANKE!
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