Heute habe ich wieder einmal Lust auf einen Artikel, der von „meinem“ Ungarn erzählt. Zu Ungarn fällt den meisten Deutschen und Österreichern ja nur das Wort BILLIG ein, der Balaton, die Puszta, „Zigeunermusik“ und derzeit auch die Politik des Herrn Orban. Aber sonst?
Also wird’s wieder einmal Zeit für mich meinen Leserinnen jenes Ungarn zu zeigen, welches ich liebe und in dem ich lebe. Politiker kommen und gehen. Was aber immer bleiben wird, ist diese atemberaubende Natur, die ich rund um den Neusiedlersee kennenlernen darf.
Mit unseren Besucherinnen machen wir gerne, als eine Art Höhepunkt, einen Solarbootausflug in den geschützten Teil des Nationalparks. Im Jahr mache ich dadurch sicher so an die 3-4 Solarbootrunden und man könnte denken, das wird doch irgendwann langweilig. Aber das Gegenteil ist der Fall. Die Ausflüge werden mit jeder Fahrt spannender, weil ich einfach immer mehr Details sehe und weil kein Ausflug dem anderen gleicht. Zu Beginn war ich wild auf Sonnenuntergänge und habe auch ganz famose Eindrücke davon bekommen. Aber jetzt im Moment liebe ich die Zeit nach dem Sonnenuntergang, denn mit der Dämmerung kommen die Stare. In riesigen Schwärmen.
Die Stare fliegen in großen Einzelschwärmen tagsüber über das Land, sammeln dort Beeren oder begleiten die Graurinderherden. Auch da hatten mein Mann und ich schon unfassbar beeindruckende Begegnungen mit diesen Vögeln. Hier Fotos, wo wir auf einem kleinen Aussichtsturm standen und plötzlich, wie aus dem Nichts, kam ein Schwarm Stare. Der Schwarm flog direkt auf uns zu und wir dachten schon gleich mittendrin zu sein, leise Panik machte sich breit („die Vögel“ von Hitchcock!), doch dann bogen diese Tausenden Stare abrupt und unmittelbar vor uns ab. Wir konnten den Windhauch der Flügelschläge noch spüren.
Besonders beeindruckt haben mich die Stare aber beim letzten Solarbootausflug. Wir erlebten wieder einen prachtvollen Sonnenuntergang und tuckerten zufrieden den langen Einserkanal zurück zum Anlegepunkt. Plötzlich flogen vereinzelt Stare aus dem Schilf und nach und nach wurden es immer mehr. Unser Guide erklärte uns, dass die Stare abends ins Schilf fliegen, um dort versteckt und geschützt zu schlafen. Da der Schilfgürtel des Neusiedlersees unglaublich groß ist, an vielen Stellen 6 Kilometer breit und weite Teile davon auch unter absoluten Naturschutz stehen, also nicht betreten werden dürfen, kann man selten sehen wie die Stare sich quasi schlafen legen.
Aber an diesem Abend hatten sie sich im Schilf entlang des Einserkanals zum Schlaf versammelt. Millionen Stare! Als wir lautlos mit dem Solarboot vorbeiglitten, flogen sie auf und was wir dann sahen war einfach überwältigend. Starschwärme um Starschwärme. Viele Kilometer lang.
Es war einfach fantastisch! Überhaupt war das der Abend der Schwärme. Nachdem wir noch ganz benommen waren, ob des grandiosen Naturspektakels, registrierten wir nicht sofort, dass wir beim Solarboot schon begrüßt und quasi abgeholt wurden vom nächsten Schwarm. Er begleitete uns dann bis zum Auto, zu dem wir rannten wie von Taranteln gestochen. Ein Moskitoschwarm. Auch das ist Ungarn am Neusiedlersee.
Alle Fotos: Rochus Gratzfeld
Christa meint
Ich bin beeindruckt, allein schon vom Lesen und von den unglaublich schönen Bildern.
Sonja meint
:-) Müssen wir mit Dir auch mal machen den Solarbootausflug.