Seit 2012 pendle ich in meinem Leben zwischen Salzburg und Sarród/ Ungarn. Ich bin selbständig, kann mir daher das Leben einteilen und bei manchen Arbeiten bin ich nicht an einen Ort gebunden. So kommt es, dass ich mittlerweile, zusammengerechnet, immerhin an die 5 Monate auf der ungarischen Seite des Neusiedlersees verbringe.
Immer wieder werde ich naserümpfend gefragt: „Ungarn?“ Dann wird meist noch angefügt „Da ist doch nichts!“ und Freunde aus Salzburg meinen auch gerne „Da gibt’s ja nicht einmal Berge.“ Stimmt. Ungarn hat keine Berge und es gibt auch viel „Nichts“, wenn man damit, so wie ich, Weite und Leere meint.
Österreicherinnen verbinden mit Ungarn vor allem den Plattensee, den Begriff BILLIG, sowie Gulasch und riesige Fleischberge am Teller. Ich dagegen verbinde mit diesem Land Weite, ungezähmte Natur, tausende Wasservögel, enormen Wildreichtum, Sommer, Sommer, Sommer ein halbes Jahr lang und dichten Nebel im Winter.
Nebel? Ich sehe meine Leserinnen schon das Gesicht verziehen. Nebel ist trist, grau, kalt und macht Depressionen. Aber nein, rufe ich Euch da entgegen. Nebel ist wunderschön! Manchmal ist er dicht und scheinbar undurchdringlich, manchmal ist er leicht und fedrig und manchmal kommt ein Hauch Sonne durch, sodass die Welt plötzlich anfängt ein wenig zu leuchten. Nebel taucht diese Landschaft hier am See in Poesie und Mystik, er umschmeichelt die Felder und Wälder, er ist wie ein Pinselstrich, der für das Auge Gemälde schafft. Ich liebe den Nebel in diesem Land und erst hier habe ich ihn und seine vielen Facetten richtig kennengelernt.
Nachtrag:
István, ein sehr lieber Freund aus meinem ungarischen Dorf, hat mir auf Facebook als Kommentar dieses Gedicht hinterlassen. Ich wollte es bewusst hier reinstellen, weil es soooo wunderschön ist.
Nebel
(Hermann Hesse)
Seltsam, im Nebel zu wandern!
Einsam ist jeder Busch und Stein,
Kein Baum sieht den anderen,
Jeder ist allein.
Voll von Freunden war mir die Welt,
Als noch mein Leben licht war;
Nun, da der Nebel fällt,
Ist keiner mehr sichtbar.
Wahrlich, keiner ist weise,
Der nicht das Dunkel kennt,
Das unentrinnbar und leise
Von allem ihn trennt.
Seltsam, im Nebel zu wandern!
Leben ist Einsamsein.
Kein Mensch kennt den andern,
Jeder ist allein.
Simone meint
Ha, noch eine, die den Nebel mag! Aber ich lebe ja auch da, wo sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen :-) .
rochus gratzfeld meint
Love!
Horst Konrad meint
Ungarn war in der Donaumonarchie die Kornkammer der Monarchie! Und die Donauschwaben fanden in diesem Land Zuflucht auf ihrer gefährlichen Flucht. Jenen, die ihre Nase rümpfen empfehle ich: seht euch Esztergom, Visegrad, Szentendre, Budapest Pecs oder Pannonhalma oder Szombathely einmal an.
Da werdet ihr erkennen, warum Kaiserin Elisabeth dieses Land so liebte.
tonari meint
Wunderschöne, stimmungsvolle Bilder. Danke, dass Du sie mit uns teilst.
Liebe Grüße
von Tonari, die heute einen eisig sonnigen Tag an der polnischen Ostsee genießt und gerade wieder auftaut ;-)