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Von der Einsamkeit des Romanschreibens

14. November 2020 2 Comments

Ein Buch zu schreiben, ist ein einsamer Job. Nach insgesamt drei Büchern, zwei Fachbücher und ein Sachbuch, weiß ich das ja durchaus. Aber einen Roman zu schreiben, das ist die einsamste Sache der Welt. So fühlt es sich zumindest derzeit für mich an.

Als Anfang November, aufgrund von Corona, erneut fast all meine Jobs storniert wurden, beschloss ich, dass jetzt die Zeit gekommen ist, meine vor rund einem Jahr erfundene Figur Lotte Braun – eine Witwe, die sich nach dem Tod des Mannes quasi neu erfindet – ins Leben  zu bringen. Sprich: Ich schreibe jetzt einen Roman. Meinen ersten!

Hilfe, wie schreibe ich einen Roman?

Obwohl ich Schreiberfahrung habe und mir damit selbst schon bewiesen habe, dass ich so einen langen Schreibprozess auch durchhalten kann, ist dieses Mal irgendwie alles neu. Das erste Mal schreibe ich nicht über mich selbst (wie in dem Buch „10 Dinge, die ich von alten Menschen über das Leben lernte“) und fülle auch nicht Seite um Seite mit meiner Fachexpertise (wie in „Magische Momente in der Altenpflege“). Dieses Mal bewege ich mich auf weitgehend unbekanntem Terrain. Zwar bin ich inhaltlich bei meinem Thema, es geht um eine ältere Frau (und da kenne ich mich fachlich wie persönlich mittlerweile schon etwas aus), aber eine Figur zu erfinden und diese auf eine Reise zu schicken, das ist schon ein Abenteuer, eine Reise im unbekannte Gefilde.

Schaffe ich es eine Geschichte zu erzählen, die fesselt? Ist meine Figur glaubhaft, authentisch? Habe ich überhaupt so viel Phantasie, dass ein ganzes Buch entstehen kann? Schaffe ich es ein Buch lang die Spannung zu halten? Was muss ich beachten beim Aufbau eines Romans? Muss ich am Anfang schon das Ende des Romans kennen? Wird meine Lotte überhaupt irgendwen interessieren? Was, mein Buch braucht einen Protagonisten und einen Antagonisten? Hilfe!!  Wie setzt man einen Plot vorher auf und muss ich das wirklich tun? Wird mein Buch überhaupt irgendeinen Verlag interessieren? Werde ich mich sehr blamieren?

Fragen über Fragen.

Also habe ich mir ein Buch gekauft mit dem seltsamen Titel „Wie man einen Bestseller schreibt“ und musste nach nur wenigen Seiten feststellen: So wird das nichts. Einen Roman strategisch am Reißbrett zu entwickeln, ist nicht mein Ding. Ich hatte immer das Gefühl, Lotte Braun steckt schon in mir, ich muss da gar nicht so viel erfinden, ich muss sie quasi nur kommen lassen und gebären. Klingt schräg, oder? Dachte ich mir auch und schalt mich ein wenig naiv. 

Danke, Stephen King!

Doch dann las ich das Buch „Das Leben und das Schreiben“ von Stephen King, dem berühmten Krimi- und Thriller-Autor, und er hat mir Mut gemacht, meinem Weg zu folgen.

King schreibt in seinem Buch, dass man als AutorIn seiner Figur vertrauen soll. Die Figur würde sich entwickeln, wenn man mit ihr in Kontakt bleibt und ihrem Weg folgt. Auch die Geschichte würde entstehen während des Schreibens und man würde am Beginn nie wissen, wohin die Geschichte gehen würde. Er meint, eine gute Autorin stößt auf eine Idee, und diese Idee ist wie ein Relikt, wie ein Schatz, den sie nun Stück für Stück, während des Schreibens, aus der Erde schält und entdeckt. Zur Frage, ob man vorab einen Plot entwickeln sollte, sagt King in seinem Buch: „Ein Plotschema ist in meinen Augen die letzte Zuflucht des guten Schriftstellers und die erste Wahl des Einfallspinsels.“ Made my day, der Satz! 

Also habe ich jetzt nur ein Mindmap erstellt zu Lotte Braun, in dem ich Ideen sammle, für Charaktere wie auch mögliche Abenteuer, und ergänze es laufend. Aber sonst lasse ich mich einfach treiben, schaue, wohin die Reise geht, und tatsächlich, hat mich Lotte nun schon einige Male total überrascht. 

Werden die Menschen Lotte mögen?

Viele Fragen bleiben allerdings auch unbeantwortet. Werde ich mit dem Schreiben durchhalten? Werde ich es schaffen, eine spannendes Buch zu schreiben? Werden die Menschen Lotte Braun lesen? Werden sie Lotte mögen? Fragen, die mir heute niemand beantworten kann. 

Stephen King meint in seinem Buch, er hätte nie geschrieben wegen des Ruhms, sondern weil er einfach schreiben muss, weil er einem inneren Drang folgt, weil er gar nicht anders kann, als zu schreiben. 

Das glaube ich ihm auch, und da bin ich ganz bei ihm, der Blick nach einem möglichen Erfolg kann nicht der einzige Antrieb sein, Ist bei mir auch nicht der Fall.  Schreiben ist meine Leidenschaft und Lotte muss einfach raus aus mir. Das spüre ich. Trotzdem: Jede Autorin will gelesen werden? Und meine Lotte der Öffentlichkeit auszusetzen, das ist schon sensibel. Lotte ist verletzlich! :-)

Und genau das ist das Einsame am Schreiben. Du tippst und tippst, Seite um Seite, viele Stunden, Wochen, Monate, du hast Spaß mit deiner Figur, du quälst dich mit ihr, du ringst um die Worte, aber du weißt nie, ob dein Buch am Ende überhaupt irgendjemanden interessieren wird. Das ist schon hart! Zumal Stephen King auch empfiehlt, das Manuskript nicht ständig jemanden lesen zu lassen, sondern „sein Ding zu machen“, dann das erste fertige Manuskript 6 Monate lang wegzulegen und etwas ganz anderes zu machen, es dann wieder zur Hand zu nehmen, zu überarbeiten und es erst danach wenigen ausgewählten  Menschen zum Lesen zu geben. Puuhhhhh!

Mich leitet im Moment vor allem folgender Satz von Stephen Kings: „Beim Schreiben geht es darum,….. es dem Leser gemütlich zu machen und ihm eine Geschichte zu erzählen…..um ihn, wann immer möglich, vergessen zu lassen, dass er überhaupt eine Geschichte liest.“

Und ich habe beschlossen, meine Einsamkeit beim Schreiben wenigstens ein klein wenig zu durchbrechen. Ich nehme derzeit an einer Schreibwerkstätte teil, in der ich Texte von Lotte vorstellen kann und Rückmeldung erhalte. Außerdem binde ich immer wieder meine Facebook-Community ein, die ganz wunderbar mitmacht (kürzlich habe ich etwa gefragt, welche erste Male Lotte erleben soll und es kamen so viele tolle Ideen) und ich gönne mir stundenweise die Begleitung einer österreichischen Schriftstellerin, die ich selbst sehr gerne lese.

Nichts desto trotz. Schreiben muss ich allein. Ganz allein.

Vielen Dank fürs Teilen!

Comments

  1. Gabi says

    15. November 2020 at 19:27

    Hallo Sonja. Ich bin immer wieder beeindruckt von Deinen Fähigkeiten und bin sicher, DAS WIRD WAS richtig Gutes. Ich lese in diesen Zeiten sehr viel und vielleicht inspirierst Du mich auch noch weiter zu schreiben. Wenigstens kurze Geschichten. Liebe Grüße Gabi

    Antworten
    • Sonja Schiff says

      19. November 2020 at 9:43

      Danke für deine Stärkung, liebe Gabi :-)

      Antworten

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