Vor vielen Jahren hat eine Teilnehmerin zum Abschluss eines Lehrgangs, der sich mit Altenpflege beschäftigte und in dem ich unterrichtet hatte, dieses Gedicht vorgelesen. Ich fand es sofort wundervoll! Ich mag Menschen, die sich nicht immer an jede kleinste „Spielregel“ halten, sondern es wagen auch mal aus der Rolle zu fallen. Und ich hab in meinem Beruf erfahren, dass das Alter scheinbar diesbezüglich mutiger macht.
Das Gedicht lese ich seitdem in jeder Klasse vor, die ich unterrichte. Ich versuche dem Pflegepersonal in Heimen etwa Lust zu machen darauf, die „Macken“ Hochbetagter spannend zu finden, vor allem alte Frauen auch darin zu ermutigen sich zu leben. Angepasst waren sie eh meist ihr ganzes Leben.
WARNUNG
Wenn ich alt bin,
werde ich lila tragen
mit einem roten Hut,
der nicht dazu passt
und mir nicht steht.
Ich werde meine Rente für Kognak
und Sommerhandschuhe ausgeben
und Schuhe aus Satin
und sagen „Wir haben kein Geld für Butter“.
Ich werde mich auf den Gehsteig setzen,
wenn ich müde bin
und Warenproben aus den Läden horten
und Notfallknöpfe drücken
und meinen Stock
an öffentlichen Geländern entlang ziehen
und mich entschädigen,
für die Nüchternheit meiner Jugend.
Ich kann schreckliche Hemden tragen
und noch dicker werden
und hintereinander drei Pfund Würstchen essen
oder eine Woche lang nur trockenes Brot
und saure Gurken
und Zähne und Bleistifte
und Bierdeckel und andere Dinge
in Kisten horten.
Ich werde in meinen Hausschuhen
in den Regen hinausgehen
und die Blumen pflücken,
die in anderer Leute Gärten wachsen
und ich werde spucken lernen.
Aber jetzt muss ich noch Kleider tragen,
die mich trocken halten
und meine Miete zahlen
und darf auf der Strasse nicht fluchen.
Muss für meine Kinder ein
leuchtendes Beispiel sein,
zum Abendessen einladen
und Zeitungen lesen.
Aber vielleicht sollte ich
das andere schon mal ausprobieren?
Damit die Leute, die mich kennen
nicht zu schockiert und überrascht sind,
wenn ich plötzlich alt bin
und anfange, lila zu tragen.
(AutorIn unbekannt)
Ich muss gestehen, ich habe schon vor einiger Zeit angefangen Lila zu tragen!
Außerdem froschgrün, feuerrot, zitronengelb…..
Und Sie??
evamaria Prinz meint
Dazu fällt mir „Die unwürdige Greisin“ von B.Brecht ein :) <3
ilona meint
das gedicht vom ausbruch ist einfach königinnenlich…….genau das hab ich auch versucht…und es ist mir über weite strecken auch gelungen…auf meine art und mit meinen mitteln…aber eins war der anstoss…die frage….wann, wenn nicht jetzt, werde ich endlich MEIN leben leben und dann…. wo wenn nicht hier……dazu bin ich allerdings erst vom bregenzerwald an den zürichsee gezogen und dann mit dem grund dafür….meinem neu gefundenen lebensmenschen urs ins südburgenland, mit sack und pack…..hier haben wir vor knapp zwei jahren angefangen unser neues leben zu leben, zu tun und zu lassen, was immer wir wollen und unsere lebensfreude täglich zu vermehren…auch wenn wir natürlich ebenfalls unsere altersmässigen einschränkungen hinnehmen müssen, wir richten unser leben auch darauf ein….wir leben uns aus, wie nie zuvor und die dinge, die uns weiterbringen „fallen uns zu“… täglich begegnen wir menschen oder hinweisen, die uns helfen auf unserem weg weiterzu kommen…..das empfinden wir als grosses glück und wir sind dankbar dafür, dass wir uns im „spät aber dochalter“ endlich diese freiheit nehmen konnten…wir tragen übrigens beide mit vorliebe lila und kaisergelb mit ein bisschen himmelblau …..unsere frösche im schwimmteich könnten über unsere eskapaden bände füllen….wir spielen mundharmonika und digeriedoo, ohne es je gelernt zu haben, wir gehen nachts spazieren, wenn andere schlafen und kommen oft nicht vor 10h morgens aus dem bett…der briefträger und die handwerker kennen uns im nachtgewand und finden das inzwischen total normal….;))) seit kurzem nehmen wir uns auch die freiheit, nicht den ganzen mangold, die vielen traumhaften himbeeren, die schönen grünen böhnchen und die viele brunnenkresse, samt kürbissen und paprika, zu vertilgen, oder zu verarbeiten…seitdem leben wir weitaus stressfreier und wenn wir lust dazu haben, machen wir auch mal eine feine marmelade oder süffigen uhudlersaft, wir gönnen auch den vögeln und anderem getier was von den gaben unseres grossen gartens…..unsere ebenfalls seit kurzem im burgenland lebenden enkelkinder, bescheinigen uns, die coolste oma und der coolste opa der welt zu sein…….für sie sind wir immer schön und attraktiv genug
Sonja Schiff meint
klingt sehr gut, liebe ilona! wir leben übrigens nah zusammen! ich pendle ja zwischen salzburg und ungarn/ neusiedlersee.