Ich habe mir jetzt lange überlegt, ob ich zur Stichwahl um den Österreichischen Bundespräsidenten etwas bloggen soll. Mein Blog ist kein politischer Blog und soll es auch nicht werden. Allerdings ist „VielFalten“ auch kein unpolitischer Blog. Geht gar nicht, weil ja auch ich kein unpolitischer Mensch bin. Ich habe schon mehrmals klar Stellung bezogen dazu, wie ich die Welt sehe, wie ich die angebliche Flüchtlingskrise betrachte, die aus meiner Sicht absurd hochgeschaukelten Ängste, die Hetze und ich habe Stellung bezogen dazu, wie ich mit den gesellschaftlichen Veränderungen umgehe.
Trotzdem habe ich mich gefragt, ob ich mich beteiligen soll an den Kampagnen rund um die Wahl des Bundespräsidenten. Wir haben ein Wahlgeheimnis und jeder Mensch hat das Recht sich darauf zu berufen. Also, was geht es meine Leserinnen an, was ich wähle? Wollen meine Leserinnen überhaupt wissen, wen ich wähle und warum? Und steht es mir überhaupt zu meine Leserinnen hier zu beeinflussen? Sie werden schon ihre Gründe haben für ihre Wahl bei der Wahl.
Nach langem hin und her habe ich mich heute dazu entschieden doch meine Wahl öffentlich zu machen und auch meine Gründe dafür. Das Wahlgeheimnis ist ein Recht, aber keine Pflicht. In der momentanen Situation finde ich persönlich es wichtig, Rückgrat zu zeigen und sich zu positionieren. Ich werde versuchen sachlich zu sein in meiner Darstellung, persönlich und ehrlich.
Ich wünsche mir Alexander van der Bellen als Bundespräsident.
Da ich einige Jahre bei den GRÜNEN politisch tätig war, ein durchaus spannendes Kapitel meines Lebens, mit allerdings schmerzlicher Erfahrung am Ende (die auch zu meinem Austritt aus der Partei der Grünen geführt hat), habe ich Alexander van der Bellen auch persönlich kennengelernt. Für mich war er immer einer, der seinen eigenen Kopf hatte. Er hatte den Ruf gegen jegliche „Marketingvorgaben der Partei“ und „Wahlkampffloskeln“ immun zu sein. Egal wie intensiv und genau die Vorbereitungen der Wahlstrategen waren, Sascha (so sein Name bei den Grünen intern) tat, was er wollte und sagte was er wollte. Was so manchen grünen Parteikollegen oder grünen Geschäftsführer zur Verzweiflung trieb, war mir schon vor 7 Jahren sehr sympathisch. Ich mag Menschen mit eigenem Kopf und Authentizität.
Wenn ich Alexander van der Bellen heute so im Fernsehen sehe oder kürzlich mal in Salzburg beim Wahlkampf, dann sehe ich auch den Menschen hinter dem Politiker, der gerade gezwungenermaßen tun muss, was halt so dazu gehört zu einem Wahlkampf: Menschen die Hand zu schütteln, die er nie zuvor gesehen hat und mit wildfremden Menschen in Kontakt treten. Alexander van der Bellen hasst das. Er ist ein eigentlich introvertierter Mensch. Ein Denker. Einer, der gerne für sich ist, der gerne diskutiert, aber im Hintergrund, von Mensch zu Mensch. Alexander van der Bellen ist kein Mensch der großen Bühne, keiner der von irgendwelchen Tribünen seine Parolen runterbrüllt. Es ist ihm unangenehm im Mittelpunkt zu stehen. Unangenehm „wichtig“ zu sein. Er braucht für sein Ego keine Funktion, denn sein Ego ist bereits satt. Dieser Mann wäre glücklich in seinem Lesesessel, in Diskussionsrunden mit seinen Freunden und langen Spaziergängen mit seinen Hunden. Mehr würde er persönlich nicht mehr brauchen. Alexander van der Bellen ist keine „Rampensau“. Gerade deshalb schätze ich seine Kandidatur und sein Engagement. Ich weiß, dass ihn dieser Wahlkampf viel Kraft kostet, viel Überwindung und genau deshalb rechne ich ihm hoch an, dass er sich noch einmal der Öffentlichkeit eines Wahlkampfes aussetzt.
Was ihn bewogen hat als Bundespräsident zu kandidieren? Ich bin davon überzeugt, dass es ihm ein echtes Anliegen ist, diesem Land zu dienen, dieses Land für die Menschen und für deren Zukunft mitzugestalten. Ich glaube Alexander van der Bellen will in dieser Zeit, die vielen Menschen Angst macht, Stabilität bieten und Orientierung, es ist ihm ein persönliches Anliegen. Wäre dieses Anliegen nicht vorhanden, hätte der „Sturschädel“ Alexander van der Bellen sich diesen Wahlkampf nie angetan. Wie gesagt, für sein Ego braucht er das Amt mit Sicherheit nicht.
Aus meiner Sicht brauchen wir dringend einen Bundespräsidenten mit positivem Blick in die Zukunft. Hetze, Spaltung des Landes, Abschottung und Stacheldrähte machen mir und vielen anderen Menschen Angst und stellen keine Lösung dar. Wir brauchen jemanden, der uns Mut macht, jemanden mit Erfahrung, mit Wissen um die komplexen Zusammenhänge politischer Krisen, jemanden der daran glaubt, dass wir die derzeitigen Herausforderungen gemeinsam schaffen. Wir brauchen jemanden, der nachdenkt bevor er redet, der abwägt bevor er Scheinlösungen vorlegt, jemanden der das kreative Potential dieses Landes nützt für die Suche nach Lösungen. All das erfüllt für mich Alexander van der Bellen.
Ich wünsche mir zudem einen Bundepräsidenten, der eine moderne Definition von Heimat hat, ein modernes Bild von Gesellschaft in sich trägt, für den die Gleichberechtigung von Männern und Frauen genauso selbstverständlich ist, wie die gleichgeschlechtliche Liebe und ein offenes Europa. Ich wünsche mir einen Bundespräsidenten, der die Buntheit unserer Gesellschaft als Errungenschaft betrachtet, sie stärkt und verteidigt. Auch das stellt für mich Alexander van der Bellen sicher.
Sascha, wie ich Alexander van der Bellen heimlich immer noch nenne, ist für mich ein Mensch mit feinem Humor, mit umfassenden Wissen, mit politischer Erfahrung, mit Weitblick und Rückgrat. Ich mag seine Bedächtigkeit, sein analytisches Denken, seine Unaufgeregtheit und auch, dass er nicht ganz perfekt ist, sondern ein Mann mit Ecken und Kanten.
Am 22. Mai wähle ich daher Alexander van der Bellen. Und ich hoffe mindestens 51% der Österreicherinnen tun es mir gleich.
Rona meint
Auch ich wähle Van der Bellen.
Einmal bin ich ihm persönlich begegnet:
Das Mozarteum am Mirabellplatz wurde geschlossen, dies war mein Arbeitsplatz und für meine Weiterarbeit musste ich was aus diesem Haus holen.
Er war im Gespräch mit Studierenden, die ihm die damalige katastrophale Situation schilderten.
Mich beeindruckte sein Art des Gesprächs – auf einer Augenhöhe. Seine Fragen, wie und was und wo (studieren ohne Bilbiothek – geht das überhaupt???)
Ja – er sprach mit Studenten: ohne Rektor, Professoren, und der damaligen Hochschulleitung.
Diese Situation blieb mir in Erinnerung. Und es hat mich sehr berührt.
Sonja Schiff meint
:-) das freut mich!
Christa meint
Liebe Sonja,
ich finde es in der heutigen Zeit gut und wichtig seine Meinung zur Wahl kundzutun!
Das führt im günstigsten Fall zu einem Meinungsaustausch und Gesprächen. Meine Stimme geht ganz klar an Alexander van der Bellen. Ich finde bei ihm viele Werte wieder, die auch für mein Leben wichtig sind. Ich wünsche mir für mich und Österreich sehr, dass er es schafft.
Sonja Schiff meint
:-) danke christa!
Werner Matheis meint
Liebe Sonja,
freut mich, dass Du so offen für Sascha eintrittst. Es freut mich weiters, dass Du auch, so wie ich, eine grüne Vergangenheit hast.
Ich war in den 90er Jahren im Landesvorstand der NÖ-Grünen und habe mit dazu beigetragen als die Grünen erstmals in den NÖ-Landtag einziehen konnten. Es war damals genau die Zeit in der VdB Bundessprecher werden sollte. Da habe ich hautnah erlebt wie parteiintern versucht wurde VdB zu verhindern, mit mehr als fadenscheinigen Argumenten. Ein Teil dieser Menschen sitzt jetzt schon mehr als zehn Jahre für die Grünen in Parlament. Ich nenne das Postenschacher und Karrieregeilheit auf Kosten anständiger Politik. Wie weit es die NÖ-Grünen mit diesem „Theater“ gebracht haben, kann man/frau ja an der aktuellen Stärke im NÖ-Landtag ablesen.
Langer Reden kurzer Sinn: Ich habe mich von diesem Verein verabschiedet!
Gerade deswegen unterstütze ich Sascha, weil er ein Mensch mit aufrechtem Gang ist und zutiefst menschliche Werte vertritt.
Egal wer die kommende Wahl gewinnen wird: Die Spaltung der Gesellschaft wird bleiben und sie wird sich weiter vertiefen. Die Blauen werden daran weiterarbeiten und neue Gräben ausheben. Daran wird Sascha auch als BP nicht viel ändern können.
Es wird an uns liegen wohin die Entwicklung geht.
Vorwärts in eine menschliche Zukunft oder rückwärts in die Vergangenheit.
Sonja Schiff meint
Wir haben aber viele Gemeinsamkeiten :-) Liebe Grüße nach NÖ!
Benita wiese (Pseudonym) meint
Hallo Sonja,
Ich bin über Umwege auf diesen Blog gestoßen und finde es gut für Van der Bellen einzutreten. Sollte ich das auf meinem Blog tun? Ob ihm das hilft? … Auf alle Fälle wünsche auch ich mir einen BP Van der Bellen. Deine Sicht darauf, warum er „sich das antut“, gefällt mir sehr gut.
Auch wenn es in meinen Augen keine Alternative gibt, die ich wählen könnte, gefällt es mir noch besser mein Kreuzerl bei ihm zu machen.
Beste Grüße
„Benita“ (ab Nov. 50plus) und kinderlos – bei diesen Gemeinsamkeiten werde ich wohl wieder vorbei schauen.