Kürzlich habe ich Euch in einem ausführlichen Artikel davon erzählt, welche 10 Dinge man in Venedig unbedingt getan haben muss . Venedig genießen, statt mit den Massen mitlaufen, ist dabei meine Devise. Heute, mit diesem zweiten Beitrag über meine Venedig-Reise, lade ich Euch ein zu einem Kunstspaziergang durch diese wunderbare Stadt.
Venedig und seine Biennale
Venedig und die Kunst. Was für eine wunderbare Mischung. Das verstanden wohl auch die Verantwortlichen der Stadt bereits vor über 100 Jahren. Denn während andere alte Städte (so auch meine Heimatstadt Salzburg) sich in den Baujuwelen vergangener Jahrhunderte sonnen und darin erstarren, hat Venedig schon vor mehr als einem Jahrhundert Innovation gezeigt, und der Kunst – und damit der Moderne – die Türen zu öffnen.
Bereits seit 1895 (!!) findet in Venedig alle zwei Jahre die berühmte Biennale di Venezia (ital: Esposizione Internazionale d’Arte) statt, eine internationale Kunstausstellung. Seit 1980 übrigens abwechselnd mit der Architektur-Biennale.
Die Hauptorte der Biennale sind die „Giardini“ im Stadtteil Castello und das Arsenalte, die ehemalige Schiffswerft von Venedig. In den „Giardini“ stehen jene berühmten Pavillons, in denen 28 Länder ihre nationale Kunst/ Künstler präsentieren. Im Arsenale dagegen wird immer eine kuratierte Themenausstellung gezeigt. Für die Giardini und das Arsenale muss man selbstverständlich Karten kaufen. ABER: Venedig wäre nicht Venedig, würde es seinen Gästen nicht an vielen Orten auch Kunst frei und offen zugänglich machen.
Kunst offen zugänglich, quer durch Venedig
Die kunstaffine BesucherIn wird daher in Venedig immer wieder fündig. Auch einige Staaten, die in den Giardini keinen eigenen Pavillon besitzen, zeigen in Venedig während des Biennale-Jahres ihre nationale Kunst. Dafür mieten sie, quer durch die gesamte Stadt, extra Räumlichkeiten an und deshalb stolpert man als BesucherIn immer wieder und oft unvermutet über Ausstellungen oder Kunstwerke. Lustig fand ich etwa die überlebensgroßen Figuren eines mir unbekannten Künstlers in einem kleinen Park.
Schön auch diese Skulptur aus Murano-Glas in einem kleinen Garten, hinter der Kirche San Giorgio Maggiore.
Und auch diese Ausstellung hier, zu einem mehr als aktuellen Thema, fand ich sehr spannend. Ich meine mich zu erinnern, es war der Pavillon des Landes Aserbaidschan.
Zwei Kunstwerke muss ich aber besonders hervorheben, weil sie in mir besonders intensive Gefühle hinterlassen haben bzw. ausgelöst haben. Über das erste Kunstwerk sind wir, meine Begleiterinnen und ich, eher gestolpert. Das andere haben wir lange gesucht.
HUMAN von Sean Scully
Ich gebe es zu: Von einem Sean Scully hatte ich noch nie zuvor gehört. Wahrscheinlich entlarve ich mich damit gerade als schreckliche Kunstbanausin und sollte ich mich dafür arg schämen. Aber ist ja jetzt eh egal, nun kenne ich ihn ja, streue Asche auf mein Haupt und bin begeistert!
Diese wunderbare Skulptur mit dem Titel „Opulent Ascension“, Hauptwerk der Ausstellung „HUMAN“, überraschte uns in der Kirche San Giorgio Maggiore. Wir waren da hin gefahren, um vom Turm der Kirche auf Venedig zu blicken. Dann aber trafen wir auf diese großartige Skulptur.
Für alle, die diesen Sean Scully auch nicht kennen: In Irland geborener und in England aufgewachsener Maler, nach USA ausgewandert, lebt und arbeitet heute in Berlin, Barcelona und New York. Als Kunstbanausin würde ich seine großformatigen Bilder, vor allem geometrisch angelegte Farbbahne, als objektartig beschreiben. Wer jetzt sein Wissen bezüglich Kunst etwas ausbauen möchte, voila, hier geht’s zur Homepage des Künstlers.
Mich hat auf alle Fälle die Skulptur direkt unter der Kuppel der Kirche sehr begeistert. Da waren diese vielen Farben der Skulptur, die irgendwie Freude in mir auslösten. Gleichzeitig war da dieses Licht der Kuppel und auch die Stille der Kirche, die einen andächtig hoch blicken ließ. Sehr berührend! Und richtig imposant!
Building Bridges von Lorenzo Quinn
Tage vor meiner Reise nach Venedig habe ich mich schon auf diese Installation gefreut. Doch dann sah es so aus, als würden wir sie gar nicht finden. Obwohl meine beiden Begleiterinnen sich in Venedig super gut auskennen, irrten wir lange durch die Gegend, fast wären wir sogar umgedreht und hätten die Suche aufgegeben. Doch dann, quasi in letzter Sekunde, begegneten wir, unter den ebenfalls herumirrenden Scharen von Touristen, einem Venezianer und der beschrieb uns, milde lächelnd, den Weg.
Und endlich standen wir vor ihr. Der Installation „Building Bridges“ von Lorenzo Quinn. Das ist übrigens der Sohn des verstorbenen Schauspielers Anthony Quinn, ihr wisst schon: Alexis Sorbas!
Die Installation besteht aus sechs 15 Meter hohen Händepaaren, die eine Art Tor über dem Wasser bilden. Lorenzo Quinn meinte zu seiner Installation:
„The joining of hands symbolises our commonality, what we share and our ability to unite with an emphasis on bridging differences in all aspects of life – geographically, spiritually, philosophically, culturally and emotionally. The hands suggest a need for contact beyond self-interest, striving for human collaboration and unity. „
Jedes Händepaar trägt dabei einen Titel, der in der Gestik der Hände ausgedrückt wird. Die Hände im ersten Bild unten etwa stehen für „Faith“ also „Glauben“, im zweiten Bild sieht man „Help“ und „Love“. Die weiteren Händepaare tragen die Bedeutung „Wisdom“ und „Friendship“.
Das Kunstwerk ist beeindruckend und versprüht Hoffnung! Ich habe mich daneben groß (weil mit dem „Gemeinsamen“ verbunden) und klein (wegen der Größe der Installation) zugleich gefühlt.
Venedig. Eine Stadt, die der Kunst Raum gibt und sie sprechen lässt, die ihre Besucher zum Denken anregt, zum Diskutieren und zum tiefgründigen Fühlen. Eine moderne und offene Stadt in baulich betrachtet altem Kleid. Ich liebe diese Mischung!
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