Menschen, die es schaffen einen ganzen Roman zu schreiben, zolle ich Bewunderung und Respekt. Gerade deshalb, weil ich ja kürzlich selbst ein Buch geschrieben habe, allerdings eines über von mir erlebte Begegnungen, habe ich eine Ahnung davon bekommen, was es heißt eine komplexe Geschichte zu erfinden. Ein Buch zu schreiben, welches von der ersten bis zur letzten Zeile meiner eigenen Phantasie entspringt, ist eines meiner heimlichen Ziele. Irgendwann.
Einen, der es schon geschafft hat, ein ganzes Buch zu schreiben, möchte ich Euch heute vorstellen: Jürgen Heimlich.
1971 geboren und in Wien lebend, absolvierte Jürgen heimlich eine Verlagsausbildung, mit dem Gedichtband „Die Ewiggleichen“ veröffentlichte er 1992 sein erstes Werk. Er trat zudem als Autor einer Krimi-Triologie in Erscheinung und 2008 mit einem literarischen Führer über den Zentralfriedhof Wien.
Aktuell hat Jürgen Heimlich einen Kriminalroman über das „Girl in Blue“ herausgegeben, der Titel des Buches lautet
„Das-Geheimnis-von-Willoughby“
Für den Blog VielFalten habe ich mit Jürgen Heimlich, via Mail, eine Art Interview geführt.
Du bist seit Anfang der 90er-Jahre schreibend tätig. Warum schreibst Du? Was treibt Dich an?
Ich liebe Geschichten. Wenn ich das Gefühl habe, eine Geschichte möchte geschrieben werden, nehme ich sie in Angriff.
Einen Roman zu schreiben, das ist eine große Herausforderung. Wie kann man sich als Laie das Schreiben eines Romans vorstellen? Wie gehst Du an so ein Werk heran?
Da gibt es verschiedene Möglichkeiten. Die Einen schreiben sehr impulsiv und wissen selbst nicht genau, wohin die Reise geht. Ich gehöre zur anderen Gruppe. Für mich ist ein Konzept wesentlich. Ich notiere vorab, wie ich mir die Entwicklung einer Geschichte vorstelle. Freilich passiert es immer wieder, dass die Dinge etwas anders verlaufen als vorgesehen. Keines meiner literarischen Projekte sieht am Ende so aus, wie ich es mir gedacht hätte. Und das ist gut so, weil das intuitive Element des Schreibens dadurch erkennbar wird, jedenfalls für mich. Für die Einen und die Anderen ist es wichtig, die Figuren vor Schreibbeginn grob zu charakterisieren. Nur, wenn mich der Fortgang einer Geschichte selbst packt, bin ich neugierig, sie auszubauen und weitläufig zu gestalten. Bin ich früher oder später unzufrieden mit der Entwicklung, beginne ich von vorn oder lege das Projekt vorläufig auf Eis.
Wie lange schreibst du im Schnitt an einem Buch? Welche Schritte durchläufst Du?
Wenn ein Thema gefunden ist, kommt zunächst die Recherche. Wichtig ist es, mit den Örtlichkeiten vertraut zu sein und Hintergrundinformationen zur Verfügung zu haben. Dann kommt es – wie bereits angedeutet – zu einer Skizzierung und Überlegungen, welche Charaktere die Geschichte bevölkern und in welchem Verhältnis diese zueinander stehen. Schließlich schreibe ich den berühmten ersten Satz hin, auf dem die Geschichte aufbaut. Bis ich einen Roman fertig gestellt habe, gibt es viele einzelne Schritte, die ich als Autor mit den Figuren zu gehen habe. Manchmal verselbständigen sich einzelne Figuren und nehmen mehr Raum ein als ursprünglich gedacht. Dies trifft etwa auf den Literaturwissenschaftler Fritzi Schuch zu, der in meinen drei in Wien spielenden Krimis rund um Chefinspektor Kneiffer auftritt, zunächst nur Zeuge eines Verbrechens ist und später selbst zum Ermittler heranreift. Die Arbeit an einem literarischen Projekt variiert von der Zeit her. Inklusive Recherche dauert es für gewöhnlich zwischen drei Monaten und einem Jahr. Mein neuester Roman hat mich besonders gefordert und ich habe für die Endfassung sogar fast eineinhalb Jahre benötigt.
Worum geht es in Deinem neuen Buch „Das Geheimnis von Willoughby“?
Die Geschichte beruht auf einer wahren Begebenheit, die sich am 24. Dezember 1933 in Willoughby, Ohio, ereignete. Eine junge Frau, die nie zuvor in der Stadt gesehen worden war, fiel durch ihre Kleidung auf, die von der Farbe blau dominiert wurde. Sie kam morgens mit dem Bus an, machte sich dann in einer Pension frisch, wünschte später vielen Bewohnern von Willoughby fröhliche Weihnachten und wurde schließlich ein, zwei Stunden vor Mitternacht von einem Zug touchiert und kam hierbei zu Tode. Dieses Unglück, das bis heute ungeklärt ist, ist der Ausgangspunkt, um den herum ich fiktionale und reale Elemente gruppiere, die einen Eindruck davon vermitteln mögen, wie es sich abgespielt haben könnte. Es ist eine Geschichte von Liebe und Tod, von der Suche nach Wahrheit und der Sehnsucht nach innerem Frieden.
Wie hast Du für dein neues Buch recherchiert? Bist Du in Amerika gewesen, in dem Ort Willoughby?
Nein, ich habe ausschließlich im Internet recherchiert und hierbei alle für die Geschichte relevanten Aspekte ausfindig machen können. Darunter auch Zeitungsausschnitte und Ähnliches. Zudem habe ich das Buch „Haunted Willoughby, Ohio“ gelesen. Das Buch wurde von Cathi Weber geschrieben, die dem „girl in blue“ ein eigenes Kapitel gewidmet hat. Dadurch konnte ich ergänzende Informationen eruieren.
Warum hast Du dieses Buch geschrieben? Wie kam es dazu?
Anlässlich des 80. Jahrestages des Unglücks, der gleichzeitig der Todestag des „girl in blue“ ist, hat ein User eines sozialen Netzwerks, der einen starken Bezug zu Friedhöfen hat, eine Fotografie des Grabes eingestellt. Ich war sofort eingenommen von der Tragik, die das Mädchen mit ins Grab genommen hat. Bald begann ich zu recherchieren, war hin und weg und wenig später, es können nur einige Tage gewesen sein, begann ich auch schon zu schreiben. Wobei zu bemerken ist, dass der Roman mehrere Ebenen miteinander verknüpft und es somit einige Zeit gedauert hat, bis ich die Verschränkungen gut aufeinander abstimmen konnte. Der Roman ist im Gedenken an Josephine Klimczak geschrieben. Dies war der Name der jungen Frau, die erst 60 Jahre nach dem Unglück identifiziert werden konnte. Ich war – ehrlich geschrieben – verwundert, dass sich mit dieser Geschichte zuvor noch niemand ausführlich in Form eines Romans auseinander gesetzt hatte. Ich habe also getan, was getan werden musste.
Wer sollte die Geschichte vom „Girl in Blue“ lesen? Wem würdest Du Dein Buch empfehlen?
Meine Antwort mag ungewöhnlich sein. Das Buch kann als historischer Roman mit Elementen eines Krimis und einer mystischen Komponente bezeichnet werden. Somit spricht es Frauen und Männer gleichermaßen an. Wer Geschichten mag, die auf wahren Begebenheiten beruhen, hat an meinem Roman sicher große Freude. Krimi-Freunde können mit einem Historiker auf Spurensuche gehen und in alten Aufzeichnungen blättern. Und die mystische Dimension ist ein verbindendes Element, das Liebhaber von Märchen und Legenden einnehmen mag.
Lieber Jürgen Heimlich, danke für das virtuelle Gespräch!
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