Malend begreife ich mein Leben. So könnte man das nennen, was ich tue, wenn ich zu Pinsel, Farben und Leinwand greife. Unruhe begreifbar machen, Gefühle verstehen und für mich sichtbar machen im Außen. Wobei ich nicht immer gleich verstehe, was mir meine fertigen Bilder dann über mich erzählen. Meine „Schlangenfrau“ von Ende August war mir etwa bis vor kurzem noch ein Rätsel.
Aber Schritt für Schritt…..
Am Anfang stand eine Übermalung
Wie schon mehrmals geschildert, sehe ich mich nicht als Künstlerin. Meine Bilder sind therapeutischer Natur, sie machen für mich sichtbar, was in mir passiert. Deshalb hänge ich auch nicht so sehr an meinen Bildern. Sobald der Prozess abgeschlossen ist, hänge ich Bilder ab. Oder, wie in diesem Fall, übermale sie. Ich bin davon überzeugt, dass das übermalte Bild dann weiter wirkt, seine Energie ins nächste Bild übergeht.
Im Fall der Schlangenfrau handelt es sich beim übermalten Bild um ein ganz besonderes Bild. Für eine Ausstellung in einem Krankenhaus malte ich vor 15 Jahren eine Serie von weiblichen Halbakten mit dem Titel „Wilde Weiber“. Während des Malprozesses bekam eine Bekannte die Diagnose Brustkrebs, ihr wurde die Brust abgenommen und in mir entstand die Frage „Kann eine Frau mit amputierter Brust noch ein wildes Weib sein?“ Also malte ich zwei Halbakte von Frauen mit einer fehlenden Brust, um zu sehen, wie wild diese Weiber noch waren.
Die Ausstellungseröffnung im Krankenhaus war ein voller Erfolg. Doch am nächsten Tag entdeckte jene Chirurgin, die in diesem Krankenhaus für die Brustabnahmen zuständig war, meine Bilder und sie tobte. Sie meinte „Verstümmelte Frauen malen ist abartig“ und informierte sogar die regionalen Medien, die daraufhin aufgeregt berichteten. Meine Bilder wurden in einer Nacht- und Nebelaktion entfernt.
Nun habe ich einen dieser Halbakte übermalt…..etwas Neues durfte damit geschehen….
Eine Idee von einem Bild macht den Beginn….
Zu Beginn eines Malprozesses weiss ich meistens nur wenig von meinem zukünftigen Bild, außer dass es eine Frauenfigur sein wird. Ich male einfach ausschließlich Frauenfiguren. Im Prinzip male ich immer mich selbst. Aber darüber hinaus habe ich kaum Vorstellungen von dem was geschehen soll, geschweige denn einen Plan.
In diesem Fall Ende August wollte ich eine Collage aus Zeitungspapier machen, es sollte eine Vulva sichtbar sein, vielleicht sogar ein Geburtsakt, und die Farbe rot sollte eine tragende Rolle spielen….
Plötzlich war da grün und ein Schlangenmuster…
Irgendwann im Malprozess höre ich auf zu denken, meine Gefühle und meine Intuition übernehmen die Führung und ich lasse mich einfach treiben, reagiere auf meine innere Stimme, auf Impulse…so wächst mein Bild, Schicht um Schicht…wandelt sich….
Eine Schlangenfrau wurde geboren
Dieses Schlangenmotiv, welches wie aus dem Nichts heraus plötzlich passierte, war mir nicht ganz geheuer. Was sollte das bedeuten? Warum eine Schlange? Und warum konnte ich damit gar nicht mehr aufhören? Ja, sogar aus der Vulva kroch eine Schlange… Fragen über Fragen beim Malen.
Die Reaktionen meines Umfelds zu diesem Bild waren übrigens vielfältig, von angeekelt bis euphorisch. Manche fanden das Bild so kraftvoll und bunt, andere wieder meinten, es würde ihnen Angst machen. Spannend für mich!
Ich liebe meine Schlangenfrau!
Zuerst etwas verstört von dem Schlangenthema, habe ich mich mittlerweile damit versöhnt, mehr noch: Ich liebe dieses Bild! Das Schlangenthema hat mich dann auch weiter beschäftigt, wie Ihr bald hier lesen könnt.
Assoziationen zu meinem Bild: Häutung im Leben, Wandel und Weiterentwicklung, Wachsamkeit & Wendigkeit, Sexualität im Wandel.
Soulwork vom 30.08.2020
Titel: Snakewoman
80 x 120 cm
Collage, Acryl auf Leinwand
Mein toller Mann hat mir, als Geburtstagsgeschenk, im ungarischen Haus unter den Arkaden eine Outdoor-Galerie eingerichtet. Im November werden wir dort meine im Sommer entstandenen Bilder aufhängen. Snakewoman bekommt einen ganz besonders prominenten Platz! Darauf freue ich mich schon riesig. Und ich werde natürlich berichten und Bilder zeigen!
Platz-nehmerin meint
Ein kraftvolles archaisches Bild, die Deine Häutung so spürbar macht.
Ich finde Deine Methode, Dich unter anderem ermalend sehr berührend – (los)lassen auf verschiedensten Ebenen. Danke für Deine Inspiration und Dein Teilnehmen lassen.
Ich freue mich schon auf Bilder Deiner Outdoorgalerie.
Herzlichst Michaela
Sonja meint
:-) danke michaela!