Es sollte ein Urlaub sein, in dem wir das Auto möglichst wenig bewegen. Raus aus der Ferienwohnung, runter zum Strand und von da aus die Umgebung erobern. Das war das Ziel. Eine Woche lang entspannen, aber uns trotzdem bewegen und etwas erleben.
Unsere Wahl fiel auf die belgische Küste. 65 Kilometer Sandstrand und ein spannendes Hinterland. Wir landeten in Blankenberge. Von dort aus eroberten wir die Umgebung.
Zu Fuß von Blankenberge nach Zeebrügge
Es war früh, es war diesig und wir wussten, der Weg ist lang. Wir wollten zu Fuß, von Blankenberge aus, die Hafenstadt Zeebrügge erkunden. 6 Kilometer von Ortsgrenze zu Ortsgrenze, hin den Strand entlang, zurück über die Dünen. Und dann noch hinein nach Zeebrügge, zum neuen modernen Hafen mit den riesigen Schiffen und natürlich auch zum kleinen alten Hafen. Dazwischen Ortschaft erkunden, Fisch kaufen für das Abendessen, ein belgisches Bier trinken und Pommes mit Majo, weil das muss einfach sein in Belgien.
Zur Ankunft – eine wunderbare Skulptur
Nach rund 2 Stunden gemächlichen Schlenderns den Strand entlang begrüßte uns Zeebrügge mit einer beeindruckenden Skulptur. Sie steht direkt am Strand, am Ende des Deichs.
Sie trägt den Titel „De man die de boot zag, in de lucht“ (übersetzt: Der Mann, der das Boot am Himmel sah). Erschaffen wurde die Skulptur von dem belgischen Künstler: Jean Bilquin (1984 -2008)
Auf Gerüsten, in einer Höhe von 10 Metern, befindet sich ein Kanu mit menschlichen Figuren. Etwas weiter weg steht eine klassische Figur und schaut mysteriös zu. Die klassische Schönheit ist ein wichtiger Aspekt für Jean Bilquin, dies wurde hier auf subtile Weise zum Ausdruck gebracht.
Die Skulptur/ Installation gesamt symbolisiert die Reise des Lebens mit Höhen und Tiefen, die jeder von uns erlebt.
Uns hat dieses Kunstwerk sofort angezogen. Die spontane Assoziation: Flucht. Migration. Die Arbeit passt in unsere Zeit. Sie rüttelt auf. Vor allem wenn man weiß, dass unter anderem von hier, von der Küste Flanderns aus, die Befreiung Europas von Nazi-Deutschland stattfand.
Dann: Die Dünenhäuser
Vor vielen Jahren sind sie wohl direkt in den Dünen gestanden. Jetzt stehen sie am Stadtrand, oder in unserem Fall am Stadtanfang. Schmucke kleine Häuser, deren Garten eine Dünenlandschaft ist. Kein Blumengarten, kein Gemüsebeet, keine Obstbäume. Nein, die Gärten bestehen aus Sand und Gräsern, eben kleine Dünen. Mich haben sie begeistert.
Auf zu den Häfen
Zeebrügge, und das wissen nur wenige Touristen, ist der Hafen von Brügge. Es entstand aus einem Fischerdorf. Im Jahr 1134 riss eine Sturmflut eine Fahrrinne in die Meeresbucht von Zwin und danach hatte das rund 20 Kilometer entfernte Brügge viele Jahrhunderte direkten Zugang zur Nordsee. Ab dem 15 Jahrhundert versandete die Zwin-Zufahrt immer mehr, um 1870 war Brügge wieder völlig von Land umschlossen. Also beschloss die Stadt Brügge, Zeebrügge als Überseehafen auszubauen und die beiden Städte mit einem Kanal zu verbinden. Heute kann man Zeebrügge getrost als Welthafen bezeichnen. Vom Fenster unserer Ferienwohnung in Blankenberge aus sahen wir die riesigen Schiffe – Autofähren nach England, Kreuzfahrtschiffe und jede Menge Frachtschiffe – ein und aus fahren und hatten dabei immer die Assoziation vom Flughafen Frankfurt, denn sie reihten sich auf wie auf einer Perlenschnur.
Wir verließen den Strandbereich, das Seebad Zeebrügge und marschierten eine ewig lange Straße entlang in Richtung Stadt und Hafen, über die Zugbrücke und dann irgendwann, die Füße waren schon arg müde vom Asphaltlaufen, gings links zum alten Hafen. Später schafften wir auch noch den Weg zu einem Teil des modernen neuen Hafens. Leider ist der Zugang hier sehr eingeschränkt und man kann nur von weitem schauen.
Pause mit belgischem Bier und Pommes mit Majo
Es muss einfach sein. Wer Belgien besucht, ohne sich nicht durch die vielen Biersorten zu kosten und eine deftige Portion Pommes Frites mit Majo zu essen, der hat Belgien nicht erfahren.
Wusstet Ihr eigentlich, dass die Pommes in Belgien erfunden wurden und dass Belgien das erste Land war, welches die Idee hatte, Bier den Frauen näher zu bringen? Sie mischten Bier mit Limo und voila! Der Radler war erfunden. Es gibt hier so viele Sorten, wie ich sie als Radler-Liebhaberin noch nie gesehen habe.
Über die Dünen zurück nach Blankenberge
Ausgeruht vom Besuch in einer alten Fischerkneipe, gings zum Fischhändler am alten Hafen, wo wir uns mit frischem Fisch für das Abendessen eindeckten.
Danach die lange Straße zurück zum Seebad Zeebrügge und dann eine ganz fantastische Wanderung über die Dünen zurück nach Blankenberge. Am Ende hatten wir rund 25 Kilometer in den Füßen, waren erschöpft vom Laufen auf Sand, aber innerlich zufrieden und satt.
Was für ein großartiger Tag!
Abends dann ein köstliches Fisch-Essen, einige Gläser Wein und ein bis in die Dunkelheit andauernder Blick aufs Meer aus dem Fenster unserer Ferienwohnung.
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Fotos: Sonja Schiff, Rochus Gratzfeld
Maria meint
Noch eine Anmerkung zum Plan Auto-stehen-Lassen: Auch das gehört – vor allem für mich autolosen Menschen – zu den „Wundern“ der belgischen Küste: Die GANZE Küstenlinie lang kann man mit der Straßenbahn fahren!!! Manchmal mit grandiosem Meeresblick. In jedem Küstenstädtchen hält sie. Und sogar mit Hund hab ich das schon gemacht. Also: 10 Kilometer oder mehr immer geradeaus am Meer langlaufen. Wenn du müde wirst: Ab in die Straßenbahn und retour. Ich liebe es! Wie so vieles an der belgischen Küste …
Noch mal: lieben Gruß
Maria
Sonja meint
Hi Maria, die Bahn haben wir erst entdeckt als wir abfuhren. Danke für die Anmerkung! Umarmung Sonja