Jedes Jahr einmal fahren mein Mann und ich Richtung Deutschland, um seine Kinder und das Enkelkind zu besuchen. Die Anreise ist jedes Mal eine Tortur. Kilometerlange Staus, tausende LKW´s auf der Autobahn, die Reise scheint meist kein Ende zu nehmen und nach der Ankunft sind wir immer kaputt für Tage.
Gestern aber haben wir eine andere Route gewählt und obwohl es sich auch gestaut hat (zum Glück nicht so viel wie üblich) und bis Mannheim wie aus Kübeln gegossen hat, war die Ankunft dieses Mal einfach wunderbar. Unsere Route führte als letzte Etappe über den Rhein, von Bingen mit der Fähre nach Rüdesheim. Was für eine Ankunft! Sogar der Wettergott meinte es gut mit uns. Just in diesem Augenblick, als wir den Rhein erreichten, riss der Himmel auf und erstrahlte in Blau. Irgendwie war die lange Anreise sofort wie weggeblasen. Stattdessen machte sich augenblicklich Urlaubsstimmung breit.
Am nächsten Morgen wanderten wir sofort die Weinberge hinauf und genossen auch dort den Blick auf den Rhein. Mit seinen vielen Inseln und den vielen Seitenarmen mäandert er breit durch die Landschaft und lag uns zu Füßen.
Wenn ich dann von diesem wunderbaren breiten Strom schwärme, erzählt mir mein Mann gerne, dass dieser Fluss in seiner Jugend eine stinkende Kloake war. Alle Pharmafirmen und Chemieunternehmen stromab- und stromaufwärts entsorgten über Jahrzehnte ihren Dreck in diesen Fluss (nicht nur in diesen!) und ein Flanieren oder Genießen wäre damals nicht möglich gewesen. Die Menschen hatten keinen Bezug mehr zu ihrem Rhein, er war ihnen nur Entsorgungskanal und Wassertransportweg.
Zum Glück hat sich das geändert. Heute mäandert er sauber, blau und glitzernd vor sich hin und man kann stundenlang an ihm spazieren gehen oder ihn mit Booten befahren.
Ich liebe es einfach am Rhein entlang zu flanieren. Von unserer angemieteten Ferienwohnung aus laufe ich morgens mit den Hunden nur 3 Minuten an den Fluss. Danach heißt es Leinen los….
Es hat etwas an einem so breiten Fluss zu leben oder, in unserem Fall, ein paar Tage Urlaub zu machen. Ist es das sanfte Schlagen der Wellen, das Schnattern der Enten und Gänse oder ist es der unterschwellige Duft nach Tang und Fisch? So ein breiter mächtiger Fluss entspannt. Unweigerlich. Man kommt in eine andere Geschwindigkeit oder, amerikanisch ausgedrückt, „in the mood“…
Auch abends zieht es uns hier selbstverständlich erneut an den Fluss. Kein Schlafengehen ohne nicht zuvor die Abendstimmung zu genießen und den Rhein entlang zu wandern. Das Licht wirken zu lassen, das Glitzern des Flusses aufzusaugen, die vorbeifahrenden Boote zu betrachten aus denen leise Jazz-Musik dringt und auf denen die ersten Touristen des Jahres sich lächelnd mit lokalem Wein zuprosten.
Noch ein Monat und hier ist die Hölle los! Massentourismus. Aber jetzt, in den kommenden Tagen gehört der Rhein uns noch fast alleine und wir werden jede Sekunde genießen.
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