Letztens sah ich mir mit einer Freundin die Dokumentation „Fabulous Fashionistas“ an, in der das Leben von fünf „stylish women“ gezeigt wird, alle 75 aufwärts. Beim weiteren Recherchieren zu dem Thema stolperten wir auf Youtube auch über einen Trailer zu dem Film „Advanced Style“. Hier werden alte und ältere Frauen aus New York gezeigt, alle haben einen „advanced style“, sind Frauen denen Mode und Style wichtig sind, die sich über ihre Kleidung darstellen und dabei einen wunderbar exzentrischen Geschmack zeigen.
Hier der besagte Trailer.
Ich liebe die „Fabulous Fashionistas“ und die Frauen aus „Advanced Style“! Ich mag es wie diese Frauen ihre Individualität leben, wie sie drauf pfeifen was andere zu ihrem Auftreten sagen, wie sie auf ihre Persönlichkeit und Lust auf Kreativität pochen.
Ältere Frauen erzählen ja oft, dass man im Alter irgendwie unsichtbar wird. Erst kürzlich berichtete mir eine Freundin, dass sie das Gefühl hatte unsichtbar zu werden als sie aufhörte ihre Haare zu färben und zu grau wechselte. Für die Frauen in diesen Filmen trifft das auf keinen Fall zu. Im Gegenteil.
Eine der Fabulous Fashionistas erzählt, sie hätte sich immer schon auffällig gekleidet, wäre aber in jüngeren Jahren damit niemandem aufgefallen. Erst jetzt im Alter, wird sie auf der Straße wahrgenommen mit ihrer Buntheit. Das findet sie wunderbar.
Hier noch zwei weitere Aussagen aus den Filmen, die aus meiner Sicht gut ausdrücken, worum es den Frauen geht:
„I never wanted to look young. I just want to look great!“
„I feel free now! Free enough to do what I want! And I don`t care what others think about me!“
Das bringt mich zum Titel dieses Postings: Befreit das Alter?
Meine Freundin und ich haben diese Frage am Beispiel unseres Stylings diskutiert. Kleiden wir uns wie wir uns kleiden wollen, oder machen wir Abstriche, Kompromisse? Wenn ja, warum?
Unsere Diskussion kurz zusammengefasst. Wir machen Kompromisse. Und zwar nicht wenige.
Ich vor allem beruflich bedingt. Würde ich können wie ich möchte, dann hätte ich permanent viel gewagtere Frisuren. Im Moment langes Deckhaar und einen coolen Undercut etwa! Ich liebe schrille Frisuren! Auch meine Kleidung wäre „fetziger“. Ich steh auf ausgefallene Klamotten. Was nicht bedeutet, dass sie teuer sein müssen. Außerdem liebe ich große protzige Ketten, große bunte Ringe, Broschen, bunte Strumpfhosen, Tücher im Haar, Tätowierungen………ach, wenn ich könnte wie ich wollte!!
Aber ich hab für ein ausgeflipptes Styling eindeutig den falschen Beruf gewählt. So manche Pflegeleitung eines ländlichen Seniorenheims war schon von meiner Lederlegging irritiert beim Vorstellungstermin und stellte deshalb glatt meine Seriosität in Frage. Eine Human Ressources Managerin, der ich ein Pensionsvorbereitungsseminar verkaufen wollte, sie war selbst in farblosfader Businessuniform gekleidet, mokierte sich einmal über 2 lila Haarsträhnen in meiner Frisur! Stellt euch vor, über 2 lila Haarsträhnen!!!
Es ist nicht so, dass ich nur im blauen Kostümchen rumrenne. Göttin bewahre! Aber ich versuche schon nicht allzusehr anzuecken. Ich zieh brav mein nettes Jackerl an für das Auftragsklärungsgespräch und versuche meine SeminarteilnehmerInnen nicht zu sehr zu verstören, etwa mit meinem Dekollete. Frau will und muss ja überleben als Selbständige!
Darum kann ich mir schon vorstellen, dass ich dann, wenn ich so in 11 Jahren in Pension gehe, modemäßig etwas ausraste und mich dabei enorm befreit fühle! Wenn ich endlich darf und kann wie ich will ohne unangenehme Folgen zu spüren, wenn mir endlich piepegal sein kann, was andere denken, dann……..
Da fällt mir eine Aussage ein von Urs Kalbermatten, einem Schweizer Gerontologen. Er meinte einmal bei einem Vortrag zum Thema Pension, dass die Pensionszeit die einzige Zeit im Leben ist, wo wir eine Summe Geld aufs Konto bekommen ohne dafür noch etwas leisten zu müssen. Durch diese Unabhängigkeit würden sich enorme Chancen ergeben und „man könne sich neu erfinden!“
Ha! Das werde ich tun! Mich neu erfinden! Ich sehe mich schon schrill herumlaufen und die staunenden Blicke meines Umfeldes genießen!
Was mir an den oben genannten Filmen aber auch gefällt ist, dass die gezeigten Frauen sich dagegen wehren unsichtbar und zurückhaltend werden zu müssen, nur weil sie alt werden. Eine der Frauen meint: „If you think you are to old for fashion, then you are really old. It´s in your mind“
So gesehen befreien diese exzentrischen Frauen irgendwie auch das Alter! Sie befreien die Bilder, die wir von Alter im Kopf haben! Sie verändern unsere Altersbilder.
Hier abschließend dazu eine, wie ich finde, ganz wunderbare Aussage einer Protagonistin: „As we get old, we get better.“ Könnte glatt zu meinem Leitmotiv werden.
Schreibe einen Kommentar