Heute habe ich einen, mich tief bewegenden, Videoausschnitte gesehen von Marina Abramovic und ihrer Performance „The Artist is present“ aus dem Jahre 2010 im Museum of Modern Art/ New York. Sie sitzt dabei auf einem Stuhl an einem Tisch und sieht BesucherInnen in die Augen, die sich für eine Minuten ihr gegenübersetzen.
Ohne dass sie es ahnte, setzte sich auch Ulay gegenüber, jener Mann mit dem sie 12 Jahre ihres Lebens verbrachte, den sie 30 Jahre lang nicht mehr gesehen hatte, nachdem sie sich im Rahmen einer gemeinsamen Performance an der Chinesischen Mauer, voneinander getrennt hatten. Hier der bewegende, wunderbare Videoausschnitt aus „The Artist is present“:
Liebe, Freude, Traurigkeit, Zärtlichkeit. So viele Gefühle. Wenn die Vergangenheit für eine Minute Platz nimmt.
Ich hab mir das Video heute sicher 20 Mal angesehen, mich berühren lassen und mich dabei gefragt, was passieren würde, wenn ich da sitzen würde, den Kopf heben und unvermutet säße Edi, Sam oder Uwe mir gegenüber. Die wichtigen Männer meines vergangenen Lebens.
Ich bin davon überzeugt, auch ich wäre überwältigt.
„So etwas passiert nur, wenn Trennungen mit gegenseitigen Respekt verlaufen und die Liebe bleiben kann“ ging es mir durch den Kopf. Auch wenn es anstrengend ist, sich mit Respekt zu trennen. leichter wäre es oft sich umzudrehen und zu sagen: „Arschloch“.
Edi, meine erste große Liebe, mein erster Mann, hätte sich oft gerne einfach umgedreht, wäre gerne in die „Ich bin schuldig-Rolle“ gegangen und hätte gerne einfach sein neues Leben begonnen. Ich danke ihm bis heute dafür, dass er sich dann doch darauf eingelassen hat, nach 12 Jahren Beziehung, mit mir über die Trennung, über den Verlust des gemeinsamen Weges zu trauern.
Sam, der mit mir auf meinen Wunsch hin noch einmal in die Mongolei gefahren ist, obwohl er wusste, nach diesen 30 Tagen der gemeinsamen Reise ist die Beziehung vorbei, obwohl er wusste, es ist unsere „Abschiedsreise“. Es gab noch so viel zu klären für mich, so viel zu beenden.
Und bei Uwe, eine kurze aber extrem intensive Liebe, bin ich immer noch davon überzeugt, dass wir, wie vereinbart, irgendwann im hohen Alter gemeinsam auf einer Parkbank sitzen und uns von unserem Leben erzählen werden.
Heute haben sie mich beim Betrachten dieses Videos alle „eingeholt“. Edi, Sam und Uwe. Die vergangenen Lieben meines Lebens. Teil meines Lebens, meiner Biografie. Männer, auf die ich mich mit Haut und Haar eingelassen habe. Männer, die mich maßgeblich geprägt haben, die mich verändert haben, mit denen ich gewachsen bin, mich weiterentwickelt habe. Jede Trennung war Schmerz. Unendlicher Schmerz.
Schön, dass sie Teil meines Lebens waren.
Und jetzt Schluss mit dem Geheule über das Video, Ende mit diesem emotionalen Liebesrückblick. Was soll denn Rochus, mein Mann, denken :-D
rochus gratzfeld meint
Rochus denkt sich: Schön.
Elsbeth Ruetten meint
Lieben Danke für diesen persönlichen Rückblick und einen Tagesabschluß, der unter die Haut, direkt in die Seele blickt.
Maria Al-Mana meint
Liebe Sonja, ich wollte ja eigentlich ganz was anderes, heute hier auf deiner Seite…. Musste aber wohl so sein, dass ich jetzt ausgerechnet DARÜBER gestolpert bin! Marina Abramovic ist eine der großartigesten Künstlerinnen, die ich kenne. Und jahrelang hing bei mir ein Foto einer Kunstaktion mit ihr und Ulay (als beide noch jung waren….) an der Wand. Aus der Zeitung gerupft, nackt an einer nackten Wand. Es stand für so vieles. Damals vor allem für Unmittelbarkeit und Intensittät. Und heute das. Heute sehe ich vor allem: Verletzlichkeit. (Auch eine Entwicklungslilnie….)
DANKE FÜRS TEILEN!
Maria
Sonja Schiff meint
Mich hat das Video damals auch aus den Angeln gehoben :-)