„In meinem Garten kommt nie ein Gartenzwerg! So ein Gartenzwerg ist Spießertum in Reinkultur!“ So oder so ähnlich lauteten meine Aussagen noch vor 10 Jahren bezüglich Gartengestaltung.
Vor einem Monat postete eine jüngere Kollegin dann einen alten vergammelten Gartenzwerg, den sie beim Bezug des neuen Hauses in ihrem Garten vorfand. Sie war angeekelt von dem grässlichen Ding und fragte spaßeshalber, ob diesen Zwerg jemand haben will. Ich weiß nicht was mit mir geschah, ob mir der alte Gartenzwerg einfach nur leid tat oder ob ich geistig kurzzeitig verwirrt war: Auf alle Fälle wartet der Gartenzwerg jetzt auf meine Abholung.
Je älter ich werde, desto öfter muss ich mich verabschieden von vielen „Nie-Positionen“. Plötzlich beackere ich einen riesigen Garten, obwohl Garteln für mich immer hausbacken und keine Lebensoption war. Und plötzlich renne ich rum und suche nach Gartenkitsch, auf Flohmärkten, in Gartenfachgeschäften und Kunsthandmärkten, obwohl ich Gartenkitsch immer nur schrecklich fand.
Monat für Monat kommt Kitsch dazu. Ein Terra-Cotta-Frosch hier, eine Keramikente hier, ein Windrad da. Sogar einen großen Buddha wollte ich schon erhaschen, aber zum Glück hat ihn mir eine Frau in beigem Kostüm vor der Nase weggeschnappt. Wer will bitte schon einen tönernen Buddha im Garten sitzen haben?
Neuerdings werde ich sogar selbst kreativ. Im Frühjahr habe ich Bambusstäbe bemalt, mit einer Feder versehen und in den Garten gestellt. Sie schwingen jetzt bei Wind grazil mit den Zweigen der Büsche mit.
Und eine Skulptur aus Ytong, die ich vor mehr als 20 Jahren selbst gemacht habe, die all die Jahre in meinem Schlafzimmer stand und jetzt ins neue Schattenbeet übersiedelte, brachte mich auf den Gedanken im Sommer erneut mit Ytong zu arbeiten und kitschige Skulpturen für meinen Garten zu schaffen.
Gartenkitsch ist gar nicht so übel! Bieder halt. Aber was solls! Mit über 50 darf Frau auch endlich bieder sein! Lustvoll bieder! So richtig arg und abgefahren bieder!
Bleibt nur noch eine Frage: Welchen Platz bekommt der vergammelte Gartenzwerg?
rochus gratzfeld meint
Ich beginne mir darüber Gedanken zu machen, welche Verwendung ich wohl post mortem durch meine Frau erfahren werde…
Sonja Schiff meint
:-) möchtest das prä mortem wissen?
rochus gratzfeld meint
…kenn ich!
Pyrgus meint
Ach ja… die gleiche Entwicklung sehe ich bei mir! Ist wohl die Erfüllung von Kindheitsträumen. Eine eigene, kleine, von interessanten Wesen und Figuren bevölkerte Welt schaffen. Vorbei ist es mit dem Gefühl, jedem zeigen zu müssen, dass ich Stil und Sinn für Ästhetik habe. Is mir egal, was die Anderen denken, ich will jetzt Gartenbewohner aller Art, lustige Tierchen, schöne Windspiele und bunten Kitsch. Das ist halt so, und ein untrügliches Zeichen , dass man sich auf einem guten Weg zu sich selbst befindet :)
Lieben Gruß
Gabi
Sonja Schiff meint
:-) ohhhhhhh, also bin ich nicht alleine! :-)
Karin Austmeyer meint
Ach Sonja, so hier und da ein „kitschiges“ Figürchen ist hübsch anzuschauen und tut der Seele gut um mit bieder hat höchstens der Gartenzwerg etwas zu tun. Das du den armen Kerl adoptiert hast, kann ich gut verstehen. Ich habe auch ein grosses Herz für notleidende Wesen. Auch wen du mich für verrückt halten solltest, für mich hat jede Figur und jede Puppe eine Selle.
Liebe Grüße und genieß deinen Garten.
Karin
Karin Austmeyer meint
Verzeihung – zu schnell geschrieben: Das „um“ ist ein „und“ und die „Selle“ schreibt sich doch sicher mit zwei ee.