Maria Al-Mana vom Blog Unruhewerk hat kürzlich das Bloggen in diesem Artikel mit der Kneipenkultur verglichen. Sie berichtete davon, wie sie in Kneipen Gespräche und Dialoge erlebte. Sie meint, Monologe wären nie ihr Ding gewesen. Weder damals in der Kneipe, noch heute beim Bloggen.
Der Artikel war für mich Anlass darüber nachzudenken, was mein Blog, sowie das Bloggen an sich (ich blogge neben meinem eigenen Blog auch regelmäßig auf zwei Blogging-Plattformen) für mich ist. Was ich von meinem Blog erwarte. Welche Funktionen mein Blog für mich erfüllt.
Das Kaffeehaus – Zeit für Monologe mit mir selbst.
Als Österreicherin liebe ich Kaffeehäuser, vor allem die klassischen Wiener Kaffeehäuser, je älter und originaler, Jugendstil bis 50er-Jahre, desto lieber. Ein Kaffeehaus, in dem ich verweilen mag, muss groß sein. Nur dann steht dieses kontinuierliche stimmliche Murmeln im Raum, unterbrochen durch ein schallendes Lachen ab und zu oder durch das Klirren der Kaffeetassen und Wassergläser. Groß muss das Kaffeehaus auch deshalb sein, weil ich gerne in einer Nische sitzen, nachdenke und träume, gleichzeitig aber auch Menschen beobachten möchte. Ins Kaffeehaus gehe ich, wenn ich meine Ruhe haben will. Bei Melange oder Cafe Latte träume ich, denke ich, arbeite ich an Konzepten, schreibe ich Geschichten oder schau einfach Löcher in die Luft. Reden will ich da mit niemandem. Außer mit dem hoffentlich kurz angebundenen Kellner, der mürrisch meine Bestellung aufnimmt.
Im Kaffeehaus monologisiere ich mit mir selbst. Ich denke nach, träume vor mich hin, entwickle Gedankengänge weiter. Ohne Ziel, ohne Zweck, ohne Plan. Einfach so, weil es mich entspannt oder mir gut tut. In diese Kategorie fallen auch manche meiner Blogbeiträge. Immer wieder schreibe ich Artikel ohne Ziel und Zweck, einfach nur für mich, weil mich etwas beschäftigt, weil ich etwas lustig finde, weil ich etwas weiterdenken will. Es sind Artikel des Selbstgesprächs, des Festhaltens von Gedanken für mich selbst. Ob diese Artikel dann gelesen werden, ist für mich einerlei. Sie können gelesen werden und ich freu mich auch über Kommentare, aber ich erwarte sie nicht und ich brauche sie auch nicht. Zwei Beiträge, die ich dem Kaffeehaus zuordnen würde sind „Das Glück ist ein Vogerl“ und „Werdet wie die Kinder“.
Das Beisl – Zeit für Leichtigkeit und Small Talk.
Ich war nie eine große Beislgeherin. Ein Bierchen zwitschern vor einem Konzert, einen Absacker nach einem Fest und Mädelsabend voll mit Gekicher und Getratsche. Das wars. Beisl, das ist für mich Small-Talk und Kennenlernen, Getratsche und Blödelei, Neuigkeiten austauschen, Beisl steht für Unbekümmertheit gepaart mit einem Schuss Oberflächlichkeit.
Nach insgesamt 10 Jahren Blogger-Erfahrung (als Schreibende und Lesende) glaube ich, dass persönliche Blogs (Themenblogs sind da anders) gut und erfolgreich sind, wenn sie für jede Stimmung etwas bieten. Wir haben als Lesende nicht immer Lust auf tiefe Gedanken, manchmal wollen wir einfach auch lachen dürfen oder entdecken, dass jemand eine ähnliche Leidenschaft hat. Ich selbst mag bei den persönlichen Blogs jene am meisten, wo ich den Menschen dahinter in seiner Vielfalt erkennen kann.
Artikel der Kategorie „Beisl“ schreibe ich, wenn ich das Gefühl habe meinen Leserinnen schon einige Zeit viel Schwere zuzumuten. Ich streu sie bewusst, will damit den Blog auflockern, will Leichtigkeit reinbringen und mich von einer anderen Seite zeigen, will Einblick geben in meinen banalen Alltag. Hier schreibe ich über meinen Garten, meine Hundeliebe, ich berichte von Büchern oder Lieblingsplatten, von Menschen die ich getroffen habe oder gebe Filmtipps. Zu den meistgelesenen Artikeln meines Blogs gehören übrigens meine Rezepte, der absolute Leserenner ist mein Rezept für Nussmarmelade.
Mein Wohnzimmer – Zeit für Intimität und Tiefe.
Ich habe (zusammen mit meinem Mann) gerne Gäste. Menschen in meinem Privatbereich zu empfangen, mit ihnen zu frühstücken oder sie zu bekochen, mit ihnen zu reden, zu trinken, zu lachen, zu diskutieren, gehört in meinem Leben zu den Highlights. Seit ich in Ungarn ein Landhaus besitze mit großem Garten und mit Gästebereich, genieße ich es besonders Gäste zu haben. Mein Mann und ich haben die Idee eines sehr offenen Hauses entwickelt, wir mögen Besuch, wir mögen Leben in unserem Haus und Begegnung. Das Haus ermöglicht uns, weil es ausreichend Rückzugsbereiche bietet, auch Menschen einzuladen, die wir noch nie gesehen haben, die wir nur virtuell kennen und mögen. Bis auf eine ernüchternde Begegnung, sind durch diese Einladungen schon wunderbare Gespräche entstanden und neue Freundschaften.
Die Kategorie „Wohnzimmer“ stellt in meinem Blog das eigentliche Kernstück dar und diese Artikel zu schreiben, ist meine Leidenschaft. Hier finden sich alle Artikel, in denen ich sehr viel von meinem Inneren zeige, ich gebe Einblick in Erkenntnissen, in gesellschaftspolitische Überlegungen, in philosophische oder spirituelle Gedankenexperimente oder berichte von Ängsten, die mich beschäftigen. Wenn ich Beiträge schreibe wie „Wie ich ein positiver Mensch wurde“ oder „Was ist nur los mit meinem Europa“, dann sitze ich symbolisch mit meinen Leserinnen auf meiner Wohnzimmercouch oder am Esstisch nach einem vorzüglichen Dinner und mit einem Glas Rotwein. Wir diskutieren über Gott und die Welt, teilen Anschauungen und entwickeln uns dabei gemeinsam weiter.
Mein Blog – Spiegel meiner selbst.
Mein Blog ist so etwas wie ein konzentrierter Blick in mein Leben. Begonnen habe ich mit dem Blog VielFalten, weil ich mich als Gerontologin sichtbar machen wollte. Der Blog war also eigentlich dazu gedacht meine Selbständigkeit etwas in eine andere Richtung zu dirigieren, weg vom Thema Altenpflege hin zu Fragen des Älterwerdens. Das ist mir gründlich misslungen. Mir war nach den ersten vier Wochen bloggen schon klar, dass mich diese Themenfixierung langweilt und so ist mein Blog ein Spiegel meiner selbst geworden. Ich hasse Einseitigkeit, ich hasse Routine, ich hasse Konformität und Eintönigkeit. Dafür liebe ich die Freiheit der Gedanken und glaube, dass alles seinen Weg gehen wird, wenn ich nur authentisch bin.
Das letzte Jahr gibt mir Recht in dieser Art zu bloggen und zu leben. Ein Verlag wurde aufmerksam auf mich, ich durfte mein Buch schreiben, jetzt bin ich deswegen als Rednerin gefragt. Wohin meine weitere Lebensreise gehen wird, weiß ich ebenso wenig, wie wohin mein Blog sich entwickeln wird. Alles ist im Fluss. Und das ist gut so.
sigrid schrammel-Pomberger meint
es ist interessant über menschen zu lesen, interessant, dadurch jemanden näher kennenzulernen….obwohl sie mich immer schon angesprochen und interessiert haben. ich war gerne in ihren seminaren…und jetzt lese ich sehr gerne überl landhaus, marmelade, Hund und mann. ich liebe kreative menschen, menschen die noch träumen, menschen, die sich Gedanken machen, menschen, die sich für andere interessiern und menschen, die mich an ihrem leben teilhaben lassen. danke dafür. sigrid
Sonja Schiff meint
gerne sigrid! und danke für das Interesse :-)
Uschi aus Aachen meint
Ja, die gute Mischung, die macht’s. Auch ich schreibe und lese gerne so!
Maria meint
Liebe Sonja, ach ja! Die Kaffeehäuser! Um die beneide ich euch Österreicher! Groß!!! In Deutschland nur noch ganz selten zu finden…. Ansonsten war mir schon immer klar, dass VielFalten vor allem auch für Vielfalt steht….
Andrereseits: Mir bedeutet es sehr viel, dass zum Beispiel wir beide uns immer mal wieder „unterhalten“…. Insofern bleibe ich dabei: Dialoge sind mir der liebste, beste, schönste „Antrieb“ beim Bloggen… (was natürlich nicht heißt, dass ich nicht auch ab und an auch gern – in Ermangelung von Kaffeehäusern – im Straßencafé sitze, beobachte, träume, manchmal schreibe….)
Liebe Grüße
Maria
Sonja Schiff meint
:-)
Birgit meint
Liebe Sonja,
danke, dass du uns nicht nur die fertigen Artikel bietest, sondern uns auch an die Hand nimmst und uns die Geburtsstätten deiner Gedanken zeigst. Ich finde das sehr inspirierend. Und es zeigt auch, dass es sich immer auszahlt, im Fluss zu sein und Vertrauen zu haben, dass immer was „geht“. Allzu oft stehen wir uns ja selbst im Weg und meinen, dass alles in Schablonen passen müsste. Ich selbst lasse mich von Kunst inspirieren. Danach, bei einem guten Kaffee, muss ich schnell alles aufschreiben, weil mir die Gedanken dann nur so zufliegen.
Alles Liebe aus München
Birgit
P.S. Gratuliere zum Buchprojekt :-)
Sonja Schiff meint
Danke Birgit. Auch für Deine Worte :-)
Eveline I. meint
Hallo Sonja!
Ich vermisse Dich auf F+F!
Seit wann schreibst du nicht mehr in diesem Blog?
Sehr schade, werde deine Beiträge dort vermissen!
Sonja Schiff meint
Hallo Eveline, seit gestern schreibe ich dort nicht mehr. Mir sind dort mittlerweile zu viele Hetzer. Ich finde f+f bewegt sich wohin, wo ich nicht mitgeben kann. Mein Fell ist nicht dick genug, um so viel Beschimpfungen und Häme auf Dauer zu ertragen. Es gab Knatsch deshalb. Und Abwertung. Ich konzentriere mich auf meinen eigenen Blog und würde mich SEHR freuen, wenn Du regelmäßig hier auf meinem Blog vorbeischauen würdest. Liebe Grüße! PS: Danke. Dein Kommentar hat mir sehr gut getan :-)
Eveline I. meint
Du hast Recht Sonja, dass ist mir auch schon aufgefallen. Meinungsfreiheit gut und schön, aber wenn es in Beschimpfungen ausartet, hört sich auch für mich der Spaß auf!
Gerne werde ich deinen Blog weiterhin besuchen :)
Alles Liebe!