Gut, ich gebe zu, ich war nicht als Großmutter, sondern als Tante an diesem Ort verabredet. Gewählt habe ich das Lokal aus mehreren Gründen: 1. es lag günstig für ein Treffen. 2. es wurde bereits von fast der gesamten Salzburger Bloggerszene hochgelobt. 3. die Besitzerin wurde in einem Blogprojekt als eine der „neuen Wilden Salzburgs“ bezeichnet. Also nannte ich, als meine Schwester Anfang September fragte, ob ich meine Nichte Loni und sie wieder einmal sehen wolle, das Schweiger Deli als Treffpunkt.
Zwei Wochen vorher war ich sicherheitshalber mittags mal zur Probe dort und da hat mich das Lokal nur mäßig überzeugt. Das Essen fand ich okay (ich hatte einen Flammkuchen), die hausgemacht Limo dagegen war köstlich, die Bedienung wiederum wirkte auf mich wie eine Schlaftablette. Weit und breit war keine neue Wilde Salzburgs zu sehen. Vielleicht entstamme ich aber auch einfach einer Generation, die Wildheit etwas anders definiert :-D
Trotzdem behielt ich die Verabredung an diesem Ort bei. Ich gebe jungen Menschen, und die Besitzerin des Ladens Juliana Vorderegger ist sehr jung, einfach gerne eine zweite Chance. Zu meiner Überraschung landete ich letzte Woche dann mit dem Schweiger Deli einen Volltreffer.
Wir waren verabredet auf 10 Uhr, ich kam etwas zu spät. Als ich das Schweiger Deli betrat, strahlte mich meine Schwester an wie ein Honigkuchenpferd, rief entzückt „Schön hast Du das geplant! Ein Kindervormittag!“ und umarmte mich stürmisch.
Was war geschehen?
Das Schweiger Deli wimmelte nur so vor jungen Müttern und ihren kleinen süßen Krabbelwesen, genannt Babys und Kleinstkinder. An allen Tischen saßen junge Frauen, tranken Latte Macchiato, hausgemachten Eistee, aßen Kuchen oder Sandwiches und hielten ihren kleinen Kindern hausgemachte Limo an die Lippen oder ihre Brüste. Die süßen Kleinen sprangen auf Sofas rum (meine Nichte Loni liebte ihr weissblaugestreiftes Hüpfsofa!), rutschten den Boden entlang, klopften auf Stühle, brabbelten in ihre Bilderbücher und quietschten vor Freude.
Kurz überlegte ich, ob ich mein Ansehen als Supertante nicht behalten wollte, doch dann klärte ich meine Schwester doch darüber auf, dass es sich um einen Zufall handelt. Die junge Kaffeehausbesitzerin berichtete später auf Anfrage, dass der Kinderreichtum im Schweigers Deli Normalzustand ist und wir sozusagen nicht zufälligerweise in eine Mutter-Kind-Vormittagsveranstaltung geplatzt sind.
Mein Cappucchino war sehr gut, das Dinkelsandwich dagegen hat mich erneut nicht grad von Hocker gehauen. Das nächste Mal gebe ich etwas Süßem die Chance. Meine Nichte Loni und meine Schwester liebten die hausgemachte Limonade und ihren Schokokuchen.
Die neue Wilde Salzburgs konnte ich auch bei meinem zweiten Besuch nicht wirklich finden. Der Begriff „wild“ für Juliana ist nicht passend. Mit dem Attribut wild verbinde ich Leidenschaft, Begeisterung, etwas Schrägheit und davon ist einfach nichts spürbar, auch wenn die Besitzerin des Schweigers Deli dieses Mal deutlich gesprächiger war.
Gefunden habe ich eine eher ruhige, zurückhaltende, junge Frau, die mit der Übernahme des Lokals viel gewagt hat. Dafür zolle ich großen Respekt! Das Schweiger Deli war nämlich vorher Jahrzehnte in Salzburg bekannt als „Schweiger Eis“ und dessen Eis hatte zwar Stadtruf, aber das Lokal selbst galt schon viele Jahre als etwas verstaubt.
Mein Resümee:
Ich komme wieder. Weil als Oma oder Tante bin ich dort der Renner! Ein Lokal für Mütter, Tanten und Großmütter, die zusammen mit den süßen Kleinen ungestört und unaufgeregt Kaffeehausstimmung erleben wollen.
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Information:
Schweiger Deli, Itzlinger Hauptstraße 93, 5020 Salzburg
Freies Wlan, großer Gastgarten. Sonntags gibts oft Brunch mit Live-Musik.
Da vor Ort kein Spielzeug aufliegt, empfehle ich die Mitnahme von Bilderbüchern & Co.
In der Nähe, ca. 10 Minuten Fußweg am Alterbach, befindet sich auch ein toller Spielplatz.
Monika Krampl meint
Vielleicht gilt in der heutigen Zeit bereits als „wild“ etwas zu wagen, wie z.B. das Lokal zu eröffnen!
Und hat mit der Wildheit wie Du und ich sie verstehen, nichts zu tun … ;-)
Na ja, so ändern sich die Zeiten …
LG von der „Wüdn auf der Maschin'“, die heute auch nur mehr mit dem Fahhrad unterwegs ist – und höchstens einmal wüd in die Pedale tritt …
Monika
Juliana meint
Liebe Sonja,
ich finde ich bin sehr „wild“, man muss ja auch nicht alle Emotionen mit jedem teilen :-)
Liebe Grüße
Juliana
Sonja meint
Liebe Juliana, mittlerweile besuche ich dein tolles Lokal ja schon länger. Einigen wir uns auf „eine stille, zurückhaltende Wilde“ :-) Im übrigen finde ich das sehr sympathisch. So wie das Schweiger Deli :-) Liebe Grüße! Sonja