In meinem Umfeld habe ich zwar den Ruf nicht einfach zu sein, aber ich gelte durchaus als verträglich. Ich hab selten Streit, bin als Waagefrau auf Harmonie, Ausgleich und Gerechtigkeit aus und ich bin, tausendfach geschult, eine Meisterin der gewaltfreien Kommunikation. Trotzdem gibt es Menschen mit denen auch ich einmal Streit habe und denen ich die Krallen zeigen muss, einfach weil sie jede Grenze überschreiten.
In meinem ungarischen Paradies, meiner zweiten Heimat, habe ich so einen Menschen als Nachbarin. Es handelt sich um eine Frau, genaugenommen um Frau Ilse. Eine einfach schreckliche Person. Hysterisch, streitsüchtig, verhärmt und sozial absolut inkompetent.
Frau Ilse, ungefähr in meinem Alter, lebt unter der Woche in Wien, während ihr Mann in Ungarn friedlich das Haus hütet. Am Wochenende reist Madam dann an und ab der ersten Sekunde, in der sie das Grundstück betritt, herrscht Streit. Frau Ilse und ihr Mann nennen sich gegenseitig alles, was man sich halt so nennen kann, egal wo sie gerade gehen oder stehen. Die Türen schlagen, Autos fahren mit quietschenden Reifen weg, kommen wieder, neuerlicher Streit, Androhung von Trennungen sind an der Tagesordnung. Uns bleibt nichts anderes übrig als die Stereoanlage auf laut zu drehen. Dann gehen Frau Ilse und ihr Mann ins Haus und streiten dort weiter.
Wir als Nachbarn sind Frau Ilses Feindbilder. Kein Gruß, kein Blick, wenn wir uns zufällig begegnen, schaut Frau Ilse in die andere Richtung. Lange Zeit wussten wir nicht so genau, warum sie uns gar so ablehnen. Immerhin ertragen wir stoisch ihre Streitereien. Aber kürzlich knallte es zwischen mir und Frau Ilse und da wurde so richtig sichtbar, was ihr Problem mit uns/ mir ist.
Ich arbeitete im Garten. Meine Hunde rund um mich. Plötzlich bellte Frau Ilses Hund am Grenzzaun, unsere Hunde bellten zurück und auf einmal flippte Frau Ilse aus, brüllte irgendwas von „Wenn Sie ihre Hunde nicht unter Kontrolle haben“, ich antwortete „Hat ja wohl Ihr Hund angefangen zu kläffen“, es ging noch mehrmals hin und her und Frau Ilse wurde immer aufgebrachter. Danach überschlug sich Frau Ilses Stimme und sie schrie: „Sie wissen wohl nicht wer ich bin!“, worauf ich entgegnete „Meine Güte, meinen Sie ist fürchte mich jetzt.“. Daraufhin schnappte Frau Ilse nach Luft und kreischte: „Sie, Sie Proletin, Sie können ja nur eines! …. Lachen!“
Kurz war ich sprachlos. Dann tat ich, was Frau Ilse sichtlich am meisten an mir stört. Ich lachte. Weil das war ja wohl der komischste Vorwurf den ich je hörte :-)
Wie es sich wohl anfühlt in der Haut von Frau Ilse zu leben? Wie es sich anfühlt, wenn man das Lachen der anderen nicht erträgt? Was muss passiert sein in einem Leben, in dem Lachen als störend erlebt wird? Wie schlimm muss das eigene Leben sein, wenn man die Leichtigkeit, das Glück und die Fröhlichkeit seines Umfeldes nicht aushält.
Da erinnere ich mich an eine andere Nachbarin. An Erika, aus dem italienischen Dorf, welches vor Ungarn meine zweite Heimat war. Sie schrieb mir ein Jahr nachdem ich das Dorf verlassen hatte, dass sie mein Lachen immer noch vermisst. Mein schallendes, dreckiges, fröhliches, freies Lachen.
Cecilia meint
Liebe Sonja, ich höre Dein Lachen bis hier nach Berlin.. wunderbar..
Sonja Schiff meint
Hihihihi! :-D
Kronewitter Ibolya meint
Tolle Geschichte ! Lachen sie bitte noch sehr, sehr viele Jahre weiter :-D
Sonja Schiff meint
Mach ich! Versprochen!
Christa meint
Ich lache gerne mit dir!