Vor 13 Jahren hat es sich ergeben, dass ich, neben Salzburg, einen weiteren Lebensmittelpunkt habe, seitdem lebe ich immer an zwei Orten. 10 Jahre war es Ronco, ein nur zu Fuß erreichbares Bergdorf hoch über dem Lago Maggiore. Seit 4 Jahren nun ist es das ungarische Sarród, ein Dorf nahe Fertöd, etwa 20 Minuten entfernt von Sopron.
Jahrelang habe ich gebraucht, um in Oberitalien Wurzeln zu schlagen. Es macht einen Unterschied, ob man an einem Ort nur Urlaub macht oder, ob man immer wieder kommt, Jahr für Jahr, mehrmals pro Jahr. Man schlägt Wurzeln. Langsam aber stetig, wie ein Apfelbaum. Ich habe Italienisch gelernt, Freunde und Freundinnen gewonnen und kannte am Ende die Gegend, wie meine Westentasche. Dann der Abschied. Von Menschen und dem Ort.
Jetzt schlage ich erneut Wurzeln. Nachdem ich mich in den ersten drei Jahren hier vor allem um das Haus und meinen großen Garten gekümmert habe, meine Erde erkundet habe, gelernt habe zu pflanzen und zu ernten, beginnt jetzt langsam die Zeit des sozialen Wurzelns. Ich habe begonnen Ungarisch zu lernen und komme immer mehr in Kontakt mit den Menschen hier. Besonders freue ich mich über die Kontakte zu den Frauen des Dorfes. Ich erlebe die ungarischen Frauen erfrischend natürlich, wunderbar lebenslustig, sinnlich und viele sind sehr kreativ. Mich freut die Offenheit, mit der sie mich aufnehmen und in ihre Mitte holen. Obwohl die Österreicher hier einen mäßig guten Ruf haben, manche sich aufführen wie kleine Habsburger und ich mich nicht für wenige Österreicher schäme, gehen die Frauen des Dorfes auf mich zu, laden mich ein mitzumachen.
Gestern war ich auf einem Künstlercamp. In diesem kleinen Landstrich rund um Sopron gibt es nämlich eine sehr aktive Kunstszene und Sarród ist im Sommer mit seinem Camp ein wenig das Zentrum. Die Ausstellung fand statt bei dem ungarischen Bildhauer János Grubits. Etwa 20 Personen nahmen teil am Malunterricht oder wanderten durch das Atelier und den Garten von János, wo Kunstwerke ausgestellt waren oder Dekoration aufgehängt war für die malenden SeminarteilnehmerInnen.
Nach einem gemeinsamen Essen, es gab Gulyás, Brot, Wein und selbstgemachte Limonade, hatten wir Frauen aller Generationen viel Spaß. Die wunderbaren Filzschals, Hüte und Schärpen der Künstlerin Ildikó Baranyai wurden vorgeführt. Rasch die Biertische zur Seite gehievt, südamerikanische Musik aufgelegt und schon schwebten wir, Frauen jeden Alters und jeder Figur, lustvoll und mit viel Freude über den grünen Catwalk. Und ich war mittendrin!
Monika Krampl meint
Gefällt mir sehr gut und kann ich nachvollziehen – das mit den Wurzeln schlagen!
Dieses von dir geschilderte Fest und auch die Buntheit, Fröhlichkeit und Lebendigkeit der Frauen zu sehen, erinnert mich an die Erzählungen von Martha Toledo aus Juchitàn in Mexiko. Und vielleicht schimmert bei den älteren ungarischen Frauen ja auch noch eine ehemals matriarchale Kontur durch?! Eine Selbstverständlichkeit des Frau-Seins und damit eine Selbstsicherheit, die vielen Frauen verloren gegangen ist.
Martha hat sie – schön sie anzuschauen! Ihrer Heimatstadt Juchitán hat in diesem zustiefst machösen Land Mexiko matriarchale Wirtschaftsstrukturen und ca. 600(!) Feste jährlich.
Martha, die ich bereits mehrmals bei den Pfingstsymposien von Heini Staudinger kennen lernen durfte, erzählt, dass diese Feste für das Wirtschaftsleben sehr wichtig seien, da sie dafür sorgen, dass die Waren und Arbeit der Frauen auch ihren Wert behalten – Lebensmittel, die einheimische Festkleidung, der Schmuck und auch Musik und Poesie.
Es ist auch ein Fest Martha zuzuhören!
https://www.youtube.com/watch?v=VZhNXB-Ft2g
Sonja Schiff meint
Schöner Beitrag, Monika. Und danke für das Video, gefällt mir auch sehr gut!
Veronika Konrad meint
Sonja, du bekommst heute ein Photo von mir;-))))
Meine Schwester am Catwalk. Da können alle GNTM Miezen einpacken und nach Hause fliegen!
Sonja Schiff meint
Bussssssiiiiiii :-)